Contents: Preußischer Kinderfreund

160 
Erde wirklich herum, dass immer die Pole gegen die Polarsterne schauen. Daraus 
folgt, wie wir meinen, die Sonne geht in 24 Stunden um die Erde herum, und 
auch alle Sterne gehen um die Erde herum. Aber nein. Die Erde vollendet 
in 24 Stunden ih^ren Wirbel um sich selbst und führt so alle Punkte ihrer 
Oberfläche an den Sternen vorbei. 
Was bisher über die Fixsterne gesagt ist, kann zum Theil mit dem leiblichen 
Auge gesehen und erkannt werden. Allein das Auge des Verstandes sieht mehr, 
als das Auge des Leibes. 
Erstens: Die Fixsterne sind so weit von uns entfernt, dass man früher 
meinte, es sei gar kein Mittel möglich, ihre ungeheure Entfernung auszurechnen; 
in neuester Zeit aber hat man die Entfernungen von wenigstens 30 Fixsternen 
gemessen und gefunden, dass der uns zunächst stehende ungefähr 9 Billionen Mei¬ 
len von unö entfernt ist. Zu den uns zunächst stehenden Fixsternen gehört der 
Sirius; man schloss das früher schon aus seiner Größe und aus seinem wun¬ 
derschönen Glanze. Dessen ungeachtet muss er doch zum allerwenigsten 27,664mal 
weiter von uns entfernt sein, als die Sonne, und eine Kanonenkugel, im Si¬ 
rius abgeschossen, müsste mit gleicher Geschwindigkeit mehr als 600,000 Jahre lang 
fliegen, ehe sie die Erde erreichte. 
Zweitens: Der Sirius, der aus einer so unermesslichen Weite doch noch 
so groß aussieht und ein so strahlendes Licht hat, muss in seiner Heimath noch viel 
größer als die Sonne, und folglich selber eine glorreiche strahlende 
Sonne sein. Das kann nicht fehlen. Haben wir aber Ursache zu glauben, der 
Sirius sei eine Sonne', so haben wir auch Ursache zu glauben, jeder an¬ 
dere Fixstern sei auch eine Sonne. Denn wenn sie auch noch so viel klei¬ 
ner erscheinen, so sind sie nur noch so viel weiter von uns entfernt. Aber alle 
strahlen in ihrem eigenthümlichen himmlischen Lichte; oder wo hätten sie's 
sonst her. 
Drittens: Die Entfernung unserer Sonne von dem Sirius dient uns nun 
zu einem muthmaßlichen Maßstabe, wie weit eine himmlische Sonne oder ein Fix¬ 
stern von dem andern entfernt sei. Denn wenn zwischen unserer Sonne und 
der Sirius-Sonne ein Zeitraum ist, den eine Kanonenkugel in 600,000 Jahren 
nicht durchfliegen könnte, so kann man wohl glauben, dass die andern Sonnen 
auch eben so weit jede von der nächsten entfernt sei bis zur obersten Milchstraße 
hinauf, wo sie so klein und so nahe bei einander zu stehen scheinen, dass uns einige 
hundert von ihnen zusammen kaum aussehen, wie ein Nebelfleck, den man mit 
einem Groschenstücke bedecken könnte. Es gehört nicht viel Verstand dazu, dass er 
einem stille stehe. — Wenn man nun 
Viertens das alles bedenkt, so will es nicht scheinen, dass alle diese zahllosen 
Sterne, zumal diejenigen, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann, nur unsert¬ 
wegen erschaffen worden wären. Und da wollen denn verständige Leute glauben, 
wo in einer solchen Entfernung von einander so unzählige prachtvolle Sonnen 
strahlen, da müssen auch Planeten und Erdkörper zu einer jeden derselben ge¬ 
hören, welche von ihr Licht und Wärme und Freude empfangen, wie unsere Pla¬ 
neten von unserer Sonne, und es müffen darauf lebendige und vernünftige Ge¬ 
schöpfe wohnen, wie auf unserer Erde, die sich des himmlischen Lichts erfreuen und 
ihren Schöpfer anbeten. Und wenn sie etwa bei Nacht in den glanzvollen Himmel 
hinausschauen, wer weiß, so erblicken sie auch unsere Sonne wie ein kleines Stern¬ 
lein; aber unsere Erde sehen sie nicht. Sic sehen nicht die Schönheit unserer Erde, 
wenn der Frühling voll Blüthen und Sommervögel an allen Bäumen und Hecken 
hängt, und wir sehen die Schönheit ihres himmlischen Frühlings nicht. Aber der 
ewige und allmächtige Geist, der alle diese Lichter angezündet hat und alle die 
Heere von Weltkörpern in den Händen trägt, sicht das Kindlein lächelnd auf der 
Mutter Schooß und umfasst die Erde und den Himmel und aller Himmel Himmel 
mit Liebe und Erbarmen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.