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Wohlthäter durch Vertilgung großer Mafien von Feinden des menschlichen
Fleißes. Wie viele Engerlinge, die ganze Felder vernichten könnten, ver¬
tilgt eine Krähe! Wie viele Maden ein Huhn auf dem Hofe! Wie viele
Mücken eine Schwalbe in der Luft. Und wer sieht die Tausende von
Raupen auf den Bäumen, welche die Vöglein verzehren! Das wägt den
Schaden bedeutend auf, den einzelne Vögel an Knospen, zarten Pflänzchen
und Früchten anrichten. Denn die Mehrzahl der Vögel nährt sich von thieri¬
schen Stoffen, und die Körner frefienden Vögel werden oft die Verbreiter
von Pflanzen, da sie die verschluckten Körner unzerstört wieder aussondern,
so dass sie an fremden Orten keimen und neuen Pflanzenwuchs bedingen.
Daher sollte man die Vögel mehr schonen, ihre Nester und ihre Brut
nicht stören.
Sind die Jungen endlich flügge und haben sie ihre ersten Versuche unter
den Augen der Eltern mit Erfolg gemacht, dann kommt auch bald die Zeit,
in^ welcher viele von ihnen nach dem Süden ziehen, diese heißen Zugvögel
(S. 332), dagegen heißen die in der Heimath verbleibenden, Standvögel.
Sie sind es, die uns auch in der winterlichen Kälte treu bleiben. Nach Elditt.
20. Die Schlangen.
Kein Theil der Naturgeschichte soll dem Menschen unbekannt bleiben, am aller¬
wenigsten sollte man sich durch die Häfilichkeit oder Schädlichkeit eines Thieres ab¬
halten lassen, es näher kennen zu lernen, denn immer wird man, was für ein Thier
es auch sein mag, Neues und Merkwürdiges erfahren- Auch von den Schlangen,
diesen so verschrienen Thieren, will ich doch zeigen, daff es möglich ist, Etwas von
ihnen zu erzählen, was merkwürdig und lehrreich ist, und gewiss Jeden begierig
machen wird, noch mehr davon zu hören. —
Du wirst wohl, mein lieber Leser, erst sehr wenige Schlangen gesehen haben?
Vielleicht eine Ringelnatter, die bei uns am gemeinsten ist? oder die hübsche
braunglänzende Blindschleiche? oder vielleicht gar schon einmal eine giftige
Kreuzotter? Nun, das wäre schon genug: denn außer dieser und der gemeinen
Otter oder Natter würdest du schwerlich eine andere in Deutschland finden können.
Gottlob! wirst du vielleicht sagen. Nun gut, ich gebe dir Recht; aber dann kennst
du auch die Schlangen so wenig, als wenn der versichern wollte, er kenne die
Vögel, welcher doch keinen, als das Huhn, die Gans, die Ente, den Kanarienvogel
und allenfalls den Spatz gesehen hat. Was sagst du dazu, dass man schon über
220 verschiedeneSchlangenarten kennt, und dass man noch in fremden Ländern
alle Jahre neue dazu entdeckt? Einige Arten sind davon so klein, dass du sie
vielleicht für Regenwürmer halten würdest; auf der Insel Cypern findet man eine
Art davon, die wirklich auch so heißt, in großer Menge. Man sieht ihren schnellen
Bewegungen und ihren muntern Sprüngen gern zu, denn sie ist ganz unschädlich,
kaum 4 bis 6 Zoll lang, und so dick, wie ein starker Bindfaden. Die kleinen
Augen, so groß wie feine Pünktchen, würdest du kaum bemerken, wenn sie dir nicht
ein guter Freund zeigte.
Aber nun begleite mich einmal schnell in eine heißere Gegend der Erde, nach
dem mittlern Amerika und lass dir erzählen, was dort einmal geschehen ist.
Achtzehn Spanier, die den ganzen Tag über in der kühlen und feuchten Jahres¬
zeit einen starken Marsch gemacht hatten, kamen einst am Abende in einen dichten
Wald; ermüdet von den Strapazen des Tages, beschließen sie, daselbst zu über¬
nachten. Das dürre Laub, das den Boden fußhoch bedeckt, soll ihnen zum Nacht¬
lager dienen. Sie machen ein Feuer an, um die reißenden Thiere zu ver¬
scheuchen und ruhig schlafen zu können; ermüdet setzten sie sich auf einen umge¬
worfenen Baumstamm, der unter dem abgefallenen Laube hervorragt und dicht
am Feuer liegt. Kaum haben sie sich niedergesetzt und das Feuer geschürt, da