361
Wüste Sahara in Afrika wächst auch noch eine essbare Flechte; eben so in der
tartarischen Wüste des russischen Reiches, wo sie von den Tartaren Erdbrot ge¬
nannt wird. Dieser Name gefällt euch gewiss nicht übel, denn er bezeichnet ja
so dankbar, dass der gute Gott auch da noch zu sorgen weiss wo sonst Alles
erstirbt. Manchmal ist übrigens die Flechte, als Gallerte gekocht und des Bitter¬
stoffes beraubt, gar kein übel Gericht, wie z. B. das isländische Moos, welches die
Brustkranken schon lange zu würdigen gelernt haben sammt dem Herrn Doctor.
Auch der Färber weiss die lieben Flechten recht wohl zu schätzen, denn der be¬
rühmte Lakmus, eine blaue Farbe, stammt von der Färberflechte, welche einsam
auf den Felsen in Meeresgegenden des Südens wohnt.
44. Die Giftpflanzen.
Unter den Tausenden von Pflanzen, welche in Deutschland wach¬
sen, gibt es eine ziemliche Anzahl solcher, die eine heftige und sehr
schädliche Wirkung auf den menschlichen Körper hervorbringen; man
nennt sie Giftpflanzen. Um sich vor ihnen zu hüten, muss man sich
diese Gewächse nennen, beschreiben und in der Natur zeigen lassen.
Die meisten Giftpflanzen gehören zu den Kräutern. Von diesen
nennen wir hier zuerst den Wasserschierling, besten Wurzel einige
Aehnlichkeit mit der Sellerie hat. Der Wasserschierling wächst an
Gräben, Teichen und auf bemoostem Sumpfboden, wo Niemand
etwas Heilsames suchen darf. Die Wurzel ist hohl und durch Quer¬
wände in mehrere Fächer geschieden, iu denen sich eben der schädliche,
schnell tödtende Saft der Pflanze befindet. Wer die Wurzel der Länge
nach durchschneidet, wird an jenen Fächern sogleich den Wasserschierling
erkennen. — Den gefleckten Schierling unterscheidet man leicht
an den rothbraunen Flecken auf dem Stengel und den Aesten; leider
fehlen bei den jüngeren Pflanzen nur zuweilen diese Flecken. Die
Blätter sind gezähnt, die Zähne sehen an den Spitzen wie versengt
aus. Wenn man die Blätter zwischen den Fingern zerreibt, geben sie
einen eigenthümlich widrigen Geruch von sich. Wer darauf nicht ach¬
tet, verwechselt sie leicht mit Kerbelkraut oder Petersilie. — Größere
Aehnlichkeit mit der Petersilie hat die dritte Art des Säuerlings, die
Gleiße oder Hundspetersilie. Ihre Blätter sind auf der untern
Seite glänzend und geben, wenn man sie zerreibt, einen knoblauch-
artig-widerlichen Geruch von sich. — Zu den gefährlichsten Giftpflanzen
gehört die Tollkirsche oder Belladonna, deren reife Frucht
einer schwarzen Kirsche sehr ähnlich sieht. Kleine Gaben der Bella¬
donna bewirken schon Flimmern vor den Augen und Spannung im
Halse, größere verursachen Schwindel, Betäubung, Raserei, Zuckungen
und zuletzt den Tod. Zum Glück kommt die Pflanze seltner, nur in
Gebirgsbüschen vor. Weit häufiger ist dagegen das Bilsenkraut,
daß man fast überall auf Schutthaufen, an Wegen, Hecken und Zäunen
trifft. Es verräth sich leicht durch seinen hässlichen Geruch und durch
die schmutzig-gelbe^ Farbe der Blüthe. Gefährliche Wirkungen äußert
jeder Theil der Pflanze, besonders aber die Wurzel und der Same.