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Das dritte Goldsischchen allein war klug genug, zu denken: Der
gute Mann muss doch wohl seine Ursache haben, warum er uns das
verboten hat. Dass er uns liebt und uns gern Freude gönnt, ist ge¬
wiss. Warum käme er sonst so oft und gäbe uns Semmelkrümcherr
und freute sich so, wenn wir sie aufessen?
Nein, er ist gewiss nicht hart, und ich will thun, was er haben
will, ungeachtet ich nicht weiß, warum er's so haben will.
Das gute Fischchen blieb also auf dem Grunde; die andern aber
thaten, was sie gesagt hatten. Das eine schwamm durch's Gitter in
den großen Teich, und das andere spielte oben auf dem Wasser im
Sonnenscheine, und beide lachten ihren Bruder aus, dass er's nicht
eben so gut haben wollte. Aber was geschah?
Das eine war kaum in den großen Teich gekommen, so sprang
ein Hecht auf dasselbe zu und verschlang es. Das andere, das sich
auf der Oberfläche des Wassers belustigte, bemerkte ein Raubvogel,
schoss auf dasselbe herab, fing es und fraß es auf. Nur das kluge ,
und folgsame dritte Goldsischchen blieb allein übrig.
Der gute Mann freute sich über seine Folgsamkeit und brachte
ihm alle Tage das beste Futter.
So lebte es immer recht vergnügt und erlebte ein hohes Alter.
62. ^llerärsifsiertagslisä.
0 du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue, freue dich, Chri¬
stenheit!
0 du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Osterzeit! Welt
liegt in Banden; Christ ist erstanden. Freue, freue dich, Christenheit!
0 du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Pfingstenzeit!
Christ, unser Meister, heiligt die Geister. Freue, freue dich, Chri¬
stenheit ! Falk.
63. Die Schuhe.
Der arme Menrad hütete die Ziegen. Sein Lohn war aber so
gering, dass er sich nicht einmal Schuhe anschaffen konnte. Es froren
ihm sehr die Füße, denn es war schon spät im Herbste, und das
Weiter sehr nass und kalt. Da trat ein Mann aus dem Gebüsche,
der wegen Diebstahls schon einige Male im Zuchthause gewesen war.
Der Mann sagte: Mein Handwerk ist einträglicher, als das deinige.
Komme zu mir in Dienst, so lasse ich dir neue Schuhe machen, und
du darfst dich nicht mehr so quälen und im Kothe barfuß gehen. I)er
Knabe antwortete: „Nein, ich will lieber barfuß gehen und ehrlich
bleiben, als mir durch Unrecht das reichlichste Auskommen verschaffen.
Weißt du nicht, dass Gott in's Berborg'ne siehet und Alles an's Licht
bringt?, Du hast es ja schon erfahren, dass er das Böse straft. Eo