Die Araber und ihre Kultur
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schlage und fruchtbareres Kulturland vorhanden war, wurden die
Araber seßhaft: hier fanden sich Ackerbau, schwungvoller Handel,
größere Niederlassungen. Die Kargheit der Natur zwang zur Mäßig¬
keit und Einfachheit, stählte den Körper und belebte den Geist. Die
Klarheit des wolkenlosen Himmels führte sie, wie alle Wüstenvölker,
zur Verehrung der Gestirne und des alles umfassenden Himmels¬
gewölbes, das personifiziert leicht zur Vorstellung eines einzigen Gottes
führte, den in der Tat einzelne Stämme verehrten. Alle Stämme be¬
saßen einen religiösen Mittelpunkt, die Kaaba in Mekka. Die Aufsicht
über sie führte der Stamm der Koreisch.
§ 39. Muhammed und seine Religion. Aus der Familie derHaschim
vom Stamme Koreisch um 570 in Mekka geboren und früh verwaist,
verlebte Muhammed in ärmlichen Verhältnissen eine freudlose Jugend.
Wie der Stamm der Koreisch überhaupt, widmete er sich dem Handel,
zunächst im Dienste seines väterlichen Oheims Abu Talib, der seine
Erziehung übernommen hatte, später als Geschäftsführer der reichen
Witwe Chadidscha. Seine Reisen nach Syrien und Südarabien brach¬
ten ihn mit höheren Kulturen, anderen politischen Verhältnissen, mit
jüdischen und christlichen Religionsanschauungen in nähere Berüh¬
rung. Mit 25 Jahren heiratete er seine Herrin und erwarb sich da¬
durch ein Vermögen, das ihn wirtschaftlich unabhängig machte. Sein
grüblerisches Wesen führte ihn zum Nachdenken über religiöse Dinge.
Wochenlang zog er sich in die Einsamkeit zurück. Epüeptiker und
eine stark sensible Natur hatte er Traumbilder und Sinnestäuschungen
religiösen Inhalts. Nach und nach erwuchs in ihm die unerschütter¬
liche Überzeugung, daß er das von Gott bestimmte Werkzeug sei,
sein Volk aus der Finsternis des Heidentums in das Licht der Religion
Abrahams zu führen. Doch erst als Mann von 43 Jahren trat er Auftreten
öffentlich in Mekka als Verkünder einer neuen Lehre auf. Seine
Offenbarungen stießen bei den Koreischiten, die durch die neue Lehre
ihr Hüteramt über die Kaaba und die damit verbundenen Einkünfte
zu verlieren fürchteten, auf heftigen Widerstand. Dagegen wuchs
bei den Stämmen außerhalb Mekkas und besonders in Medina die
Schar seiner Anhänger täglich. Desto heftiger wurde der Haß der
Koreischiten, die sich schließlich zu seiner Ermordung verschworen.
Mit knapper Not entrann Muhammed ihren Händen und flüchtete sich
(16. Juni) nach Medina. Diese Flucht (Hedschra) bezeichnet
den Wendepunkt im Leben des Propheten, so daß ihr Jahr
zum Anfangsjahr der neuen muhammedanischen Zeitrechnung ge¬
nommen wurde. Im Vertrauen auf die stetig wachsende Zahl seiner
Anhänger konnte Muhammed jetzt den Kampf gegen die „Un¬
gläubigen“ beginnen, den er für die Pflicht jedes „Moslim“ er¬
klärte. 630 erfolgte sein Zug gegen Mekka, das fast ohne Eroberung
Schwertstreich in seine Hände fiel. Die Götzenbilder der Kaaba
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Flucht nach
Medina