Full text: Das fünfte Schuljahr

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zu nehmen. Doch die Russen steckten die Stadt in Brand und Ver¬ 
trieben dadurch die Franzosen. Als Napoleon Friedensvorschläge machte, 
ließ ihm der russische Kaiser (Alexander) sagen: „Jetzt solle der Krieg 
erst angehen." Weil es an allem fehlte, mußte sich Napoleon zum 
Rückzüge entschließen. Er' wählte hierzu dieselbe Straße, die er ge¬ 
kommen und deren Umgebung vollständig ausgeplündert war. Bald 
trat ein strenger Winter ein und hoher Schnee bedeckte Weg und Steg. 
Die Soldaten hatten kein Brot mehr und verzehrten die gefallenen 
Pferde mit Heißhunger. Ihre Schuhe und Stiefeln waren zerrissen, 
die Füße wurden mit Lumpen umwickelt; viele hinkten oder gingen 
auf Krücken. Ganze Haufen lagen am Morgen tot um die erloschenen 
Wachtfeuer. Tag und Nacht umschwärmten die Kosaken die Fliehenden, 
und Tausende fielen in ihre Hände. Das Schrecklichste auf dem Rück¬ 
züge war der Übergang über die Beresina. Unter der Last der Ka¬ 
nonen, Reiter und Soldaten brach die eiligst hergestellte Schiffbrücke, 
und Tausende fanden in den Fluten ihren Tod. Da verließ Napoleon 
treulos die Seinen und eilte allein auf einem Schlitten nach Paris. 
Von der stolzen Armee kamen etwa 20000 zerlumpt, halb erfroren 
und verhungert in Polen an. 
b) Preußens Erhebung. Jetzt war die Stunde der Befreiung 
für Preußen gekommen. Der General Pork, der Führer der preußischen 
Hilfstruppen, schloß ohne Wissen seines Königs den Vertrag zu Tau¬ 
roggen mit den Russen. Hiernach stellte er alle Feindseligkeiten gegen 
Rußland ein. Der König siedelte seiner Sicherheit wegen von Berlin 
nach Breslau über. In dem Bündnis von Kalisch gelobten sich König 
Fiedrich Wilhelm und Kaiser Alexander von Rußland Treue bis in 
Tod. Am 17. März 1813 erließ der König den „Aufruf an mein 
Volk!" Hierin forderte er alle kriegsfähigen Männer auf, die Waffen 
zu ergreifen. Aus allen Teilen Deutschlands strömten Freiwillige her¬ 
bei. In begeisterten Liedern riefen deutsche Dichter (Theodor Körner, 
Ernst Moritz Arndt, Max von Schenkendorf und Rückert) 
zum Befreiungskämpfe aus. Jünglinge, Männer und Greise waren 
bereit, ihr Leben für das Vaterland zu opfern. Ganz Preußen war 
ein Volk in Waffen. Zugleich wurde die Errichtung der Landwehr 
und des Landsturms im ganzen Reiche angeordnet. Als Auszeichnung 
für die Helden des Befreiungskrieges stiftete der König den Orden des 
eisernen Kreuzes. Reichliche Gaben wurden zur Ausrüstung des 
Heeres gespendet. Kinder leerten ihre Sparbüchsen, Beamte verzichteten
	        
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