Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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9. Heinrich der Vogelsteller. 
Drei Jahre nach der Schlacht starb der treffliche Heinrich (936), ver¬ 
ehrt von der ganzen Christenheit. Er liegt in Quedlinburg, seiner Lieblings¬ 
stadt, begraben. Keck. 
Der deutsche Schlachtnif „Kyrie eleison!" ist griechischen Ursprungs; er bedeutet 
„Herr, erbarme dich." 
9. Heinrich der Vogelsteller. 
1. Herr Heinrich sitzt am Vogelherd 
recht froh und wohlgemut; 
aus tausend Perlen blinkt und blitzt 
der Morgensonne Glut. 
2. In Wies’ und Feld und Wald und Au’, 
horch, welch ein süsser Schall! 
der Lerche Sang, der Wachtel Schlag, 
die süsse Nachtigall! 
3. Herr Heinrich schaut so fröhlich 
drein: 
„Wie schön ist heut’ die Welt! 
Was gilt’s? heut’ gibt’s ’nen guten 
Fang!“ — 
Er lugt zum Himmelszelt. 
4. Er lauscht und streicht sich von 
der Stirn 
das blondgelockte Haar: 
„Ei doch! was sprengt denn dort herauf 
für eine Reiterschar?“ 
5. Der Staub wallt auf; der Huf¬ 
schlag dröhnt; 
es naht der Waffen Klang: 
„Dass Gott! die Herrn verderben mir 
den ganzen Vogelfang! 
6. Ei nun! — was gibt’s?“ — Es- 
hält der Tross 
vorm Herzog plötzlich au. 
Herr Heinrich tritt hervor und spricht: 
„Wen sucht ihr Herrn? sagt an!“ 
7. Da schwenken sie die Fähnlein 
bunt 
und jauchzen: „Unsern Herrn! 
Hoch lebe Kaiser Heinrich! — Hoch 
des Sachsenlandes"Stern!“ 
8. Dies rufend, knie’n sie vor ihn hin 
und huldigen ihm still 
und rufen, als er staunend fragt: 
„’s ist deutschen Reiches Will’!“ 
9. Da blickt Herr Heinrich, tief bewegt, 
hinauf zum Himmelszelt: 
„Du gabst mir einen guten Fang! — 
Herr Gott, wie dir’s gefällt!“ Vogl. 
10. Otto der Grosze. 
einrichs des Städtegründers Sohn und Nachfolger war der glänzende und 
oJ prachtliebende Otto der Große. Er war zwar nur von den Franken 
und Sachsen, die damals den eigentlichen Kern des deutschen Reiches bildeten, 
gewählt worden, aber bei seiner feierlichen Krönung zu Aachen huldigten ihm 
die Großen aus allen deutschen Landen, und bei dem festlichen Krönungsmahle 
in der Pfalz Karls des Großen versahen die vier übrigen Herzöge (die von Franken, 
Schwaben, Bayern und Lothringen) zum erstenmal die Hofdienste als Truchseß, 
Mundschenk, Marschall und Kämmerer. Auf diese Weise entstanden die soge¬ 
nannten Erzämter am kaiserlichen Hofe, welche bei der Krönung der folgenden 
Kaiser ein Vorrecht der Wahl- oder Kurfürsten blieben. 
Um sich mehr den Pflichten seines Herrscheramtes zu widmen und besser 
für das ganze Deutschland zu sorgen, übertrug Otto sein Herzogtum Sachsen 
dem tapferen Hermann Billung, in dessen Familie es lange erblich bliebe
	        
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