Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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58. Die Lüneburger H>eide. 
Gipfel des Hügels neben dem Hause. Sonst ist in der Marsch nirgends ein 
Busch oder Baum zu erblicken. 
Überall ziehen sich Deiche an der Küste hin, welche das Land gegen die 
Meeresfluten schützen. Sie haben an manchen Stellen unten eine Breite von 
40 — 50 m und eine Höhe von 8 — 9 m und sind mit Sielen versehen. Die 
Siele sind Öffnungen in den Deichen, durch welche das Wasser aus dem Lande 
zum Meere abfließt. Sie sind mit Türen versehen, welche bei der Ebbe sich 
von selber auftun, bei der Flut aber von dem anschwellenden Meerwasser wie¬ 
der geschloffen werden. Weil die Deiche erhaben und daher trockner sind als 
das tiefliegende Land, so fahrt man gern auf ihrem Rücken hin, und daher 
bilden sich auf ihnen Wege; doch erlaubt man nicht überall, auf den Deichen 
zu fahren, weil die Wagen ihnen schaden. 
Um alle Marschwiesen und Marschäcker sind tiefe Gräben gezogen, um 
das Wasser aufzunehmen und abzuführen. Kohl. 
Das Wort „Geest" kommt vom nordfriesischen „Gast", das „unfruchtbar" bedeutet. 
„Marsch" ist ein niederdeutsches Wort; stammverwandt mit „Meer", bezeichnet es die feuchte 
Niederung, das aus dem Wasser abgelagerte, also völlig ebene Land. Der Name „Wurt" 
oder „Warft" ist abzuleiten von „werfen", „auswerfen".s 
58. Die Lüneburger Heide. 
^7>ie Lüneburger Heide liegt zwischen der Elbe und der Aller auf einem Land- 
rücken, der nach Nordwesten ins Herzogtum Bremen und nach Südosten 
durch die Altmark bis zur Elbe sich fortsetzt. Int weiteren Sinne rechnet man 
dazu auch die Heidefläche, welche sich südlich von der Aller bis an die frucht¬ 
baren Felder Kalenbergs und Hildesheims ausdehnt. Der höchste Punkt 
ist der 167 in hohe Wilseder Berg zwischen den Quellen der Seeve, Este 
und Wümme. Gegen die Elbe hin läuft der Landrücken in einzelne Höhen¬ 
züge aus, die an manchen Stellen, z. B. bei Harburg und Hitzacker, den 
von Norden kommenden Wanderer an die Vorgebirge des Harzes erinnern 
und schöne Fernsichten auf die zwischen ihnen liegenden Niederungen und die 
gesegneten Fluren der Elbe gewähren. Die Aussicht von dem Schwarzen¬ 
berge und der Haake bei Harburg gehört zu den schönsten der norddeutschen 
Ebene. Zur Aller senkt sich der Rücken durchweg sanft hinab. 
Die Lüneburger Heide gehört zu den unfruchtbarsten Gegenden Deutsch¬ 
lands; aber sie ist keineswegs eine so eintönige, wüste Fläche, wie die meisten 
Beschreibungen sie darstellen. An manchen Stellen, namentlich zwischen Eelle 
und dem Wilseder Berge, kann man allerdings einige Stunden wandern, ohne 
eine Wohnung und einen Menschen zu treffen; einzelne Dörfer liegen gleich 
Oasen in der öden Fläche, die nur hie und da einige verkrüppelte Föhren 
oder Birkengebüsche zeigt, zwischen denen eine Herde kleiner weißer oder 
schwarzer Schnucken sich zerstreut. Aber die mannshohe Heide ist überall 
verschwunden. An den zahlreichen Bächen und Flüssen ziehen sich natürliche 
und künstliche Wiesen wie grüne Bänder hinab; zahlreiche Dörfer liegen, von 
Feldern und Wiesen umgeben, in Erlengebüschen versteckt, oder von mächtigen 
Eichen überschattet. Ortschaften wie Fallingbostel, Osterholz und Scharnebeck 
lassen uns gänzlich vergessen, daß wir in der Heide sind. Nicht weniger
	        
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