Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

95. Drei Labeln. 
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3. „O helft, ich »ruß versinken 
in lauter Eis und Schnee! 
O helft, ich muß ertrinken 
im tiefen, tiefen See!" — 
Wär' nicht ein Mann gekommen, 
der sich ein Herz genommen, 
o weh! 
94. Gebet eines Kindes 
1. Du lieber heil'ger frommer Christ, 
der für uns Kinder kommen ist, 
damit wir sollen weiß und rein 
und rechte Kinder Gottes sein; 
2. du Licht, vom lieben Gott gesandt 
in unser dunkles Erdenland, 
du Himmelskind und Himmelsschein, 
damit wir sollen himmlisch sein; 
4. Der packt es bei dem Schopfe 
und zieht es dann heraus, 
vom Fuße bis zum Kopfe 
wie eine Wassermaus. 
Das Bnblein hat getropfet, 
der Vater hat geklopset 
es aus zu Haus. Gült. 
an den heiligen Christ. 
3. du lieber heil'ger frommer Christ, 
weil heute dem Geburtstag ist, 
drum ist auf Erden weit und breit 
bei allen Kindern frohe Zeit. 
4. O segne mich, ich bin noch klein, 
o mache mir das Herze rein! 
O bade mir die Seele hell 
in deinem reichen Himmelsquell. 
5. Daß ich wie Engel Gottes sei, 
in Demut und in Liebe treu, 
daß ich dein bleibe für und für, 
du heil'ger Christ, das schenke mir! Arndt. 
V. 1. „kommen" für „gekommen" ist volkstümlich, aber echtdeutsch. Vgl. 99, V. I 
„Das Büblein ist spazieren gangen." 
95. Drei Fabeln. 
1. 
Eine Schwalbe flog auf ein Schaf, ihm ein wenig Wolle für ihr Nest ans- 
zurupfen. Das Schaf sprang unwillig hin und wieder. „Wie bist du denn 
nur gegen mich so karg?" fragte die Schwalbe. „Dem Hirten erlaubst dkl, 
daß er dich deiner Wolle über und über entblößen darf; und mir verweigerst 
du eine kleine Flocke? Woher kommt das?" 
„Das kommt daher", antwortete das Schaf, „weil du mir meine 
Wolle nicht mit eben so guter Art zu nehmen weißt, als der Hirte." 
2. 
Der Rabe bemerkte, daß der Adler ganze dreißig Tage über seilten Eiern 
brütete. „Und daher kommt es ohne Zweifel", sprach er, „daß die Jungen 
des Adlers so scharfsichtig und stark werden. Gut! das will ich auch Um." 
Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage über seinen 
Eiern; aber noch hat er nichts als elende Raben ausgebrütet. 
3. 
Einst sprach der Pfau zu der Henne: „Sieh einmal, wie hochmütig und 
stolz dein Hahn einhertritt! Und doch sagen die Menschen nicht: „Der stolze 
Hahn!" sondern nur immer: „Der stolze Pfau!" 
„Das macht", sagte die Henne, „weil der Mensch einen gegründeten 
Stolz übersieht. Der Hahn ist auf seine Wachsanikeit stolz, aber worauf 
du? — Auf Farben und Federn." Lessing.
	        
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