Full text: Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen

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das Bier von einem Brauer zu nehmen. Brauerbier war aber nicht 
allgemein geachtet; deshalb gab ein Vater seiner Tochter, als sie 
Bauerfrau werden sollte, die Lehre mit: „Gieb deinen Leuten keine 
Brauersauche, sondern braue selbst!" Branntwein kam säst noch gar 
nicht vor, nicht einmal bei der Trnte oder andern schweren Arbeiten. 
Beständig Branntwein in: Pause hatten nur Krüger und Brenner. 
Wein sah man nur in Städten und bei Beamten, aus Kindtaufen 
und Pochzeiten. von Punsch war kaum der Name bekannt. 
Wan aß von hölzernen, in Städten und Flecken von zinnernen 
Tellern. Letztere sind gänzlich verschwunden, und das zerbrechliche 
Steingut nimmt ihre Stelle ein; bald werden auch die hölzernen Teller 
wenig mehr gesehen werden. Wir wollen diesen Wechsel aber nicht 
bedauern, wenn nur in den steinernen, englischen oder kellinghusenern 
so viel ist, daß ein Mensch sich satt essen kann. Man aß mit Messern, 
jeder mit seinem eignen, und mit einem Löffel, jeder mit seinem 
eignen. Aß man nicht auch mit einer Gabel? Wo fand man auf 
dem Lande vor fünfzig fahren Gabeln in: Gebrauch! Damals 
wußte kein Landmann sich mit einer Gabel bei Tisch zu behelfen. 
Selbst in Frankreich waren die Gabeln am Lnde des f6> Jahr¬ 
hunderts neu, daß ein Spötter von den vornehmen Lffern jener Zeit 
sagte: „Sie fassen das Fleisch nie mit der pand an, sondern bringen 
es mit Gabeln zum Munde, sich über den Tisch beugend und den 
Pals lang machend." Aber was dainals am pofe neu war, ist es 
jetzt nicht mehr aus den fjöfen, und wie lange wird's währen, so 
saßt kein Bauernknecht mehr das Fleisch und die Wurst mit seinen 
Fingern an! Löffel sind immer im Gebrauch gewesen. Nach der 
Mahlzeit steckte jeder Tischgenoß den seinigen an der Fenstersarge oder 
an der Wand in der Nähe des Tisches auf. Diese Sitte hat eine 
Redensart zur Bezeichnung großer Armut in einem pause gegeben, 
nämlich die: „Da ist kein Löffel an der wand." 
2. wie inan sich kleidete. Damals gab es noch ver¬ 
schiedene Trachten im Lande, so daß der Wilstermarscher, der Dith- 
marse, der Propsteier, der Wiedingharder und jedermann an seiner 
Kleidung zu erkennen war. Zetzt kleidet man sich Übereins nach 
einem Schnitt, und man unterscheidet kaum einen Reichen und einen 
Armen mehr. Besonders sind die silbernen Knöpfe und Schnallen fast 
wie verschwunden. Auch herrschten in verschiedenen Gegenden ver¬ 
schiedene Farben, da schwarz, da braun, da rot, da blau; auch wurde 
eine Farbe zuweilen gesehen, die man weiß nannte. Zetzt neigen sich
	        
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