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da sie nur auf dem Grund und Boden ihres Herrn sich niederlassen
durften. An diesen Ort forderte der Gebieter das Heer seiner
Vasallen, die mit grossem Tross herankamen. Dazu war eine Menge
von Vorräten nötig, die als Waren verkauft wurden, sodass sich um
die Königspfalz bald ein reges Leben, Handel und Wandel ent¬
wickelte. Fremde Kaufleute kamen von allen Seiten herbei, um
zu kaufen und einzutauschen. Als Ort dazu war kein anderer
geeigneter, als der „gefriedete“ Raum um die Kirche. Hier war
der Kaufmann sicher vor Räubereien; hier versammelte sich zu den
kirchlichen Festtagen eine Menge festlich gestimmter, kauflustiger
Leute. So kam es von selbst, dass der Marktplatz einer Stadt fast
ohne Ausnahme bei der Kirche war und die Markttage mit kirchlichen
Festtagen zusammenfielen (Messen). Auf diese Weise sind aus ur¬
sprünglichen Königspfalzen Aachen,Frankfurt a/M., Goslar,Mag¬
deburg u. a. entstanden.
Aber noch ein anderer Umstand förderte die Entstehung
der Städte. In den alten Römerniederlassungen, die wohl viele
christliche Märtyrer hatten sterben sehen, entstanden nach dem
Siege des Christentums über deren Gräbern Kirchen, Klöster und
Bischofssitze. Die hohe Geistlichkeit mit ihrer zahlreichen Diener¬
schaft, die Klöster mit ihren Mönchen brauchten mancherlei zu
ihrem Lebensunterhalt, und bald sammelte sich um ihre Mauern
eine Gemeinde von Handwerkern und Zinsleuten. Die wunder-
thätigen Reliquien zogen fromme Wallfahrer an; Kaufleute und
Händler kamen herbei, und bald waren um Kirchen und Klöster
ganze Städte emporgewachsen. Auf diese Weise sind Bremen,
Hamburg, Lübeck, Hildesheim, Fulda, Hersfeld u. v. a.
Städte entstanden.
Zur Vermehrung der Städte zwischen Elbe und Rhein trug
Heinrich I. vieles bei. Um das Land gegen die räuberischen
Einfälle der Ungarn zu schützen, liess er teils schon vorhandene
Burgen stärker befestigen, teils neue Befestigungsorte errichten, in
welche die Landleute in Zeiten der Gefahr sich flüchten konnten.
Um die Abneigung der Deutschen gegen ummauerte Wohnsitze
zu überwinden, gebot er, dass jeder neunte Mann vom Lande in
diese Burgen ziehe, während die übrigen acht Teile der Bevöl¬
kerung jährlich den dritten Teil ihrer Einkünfte zur Ansammlung
von Vorräten dorthin abliefern müssten. Ähnlich wie bei den
Königspfalzen, den Bischofssitzen und Klosterabteien erwuchs auch
hier bald ein reges städtisches Leben. Auf diese Einrichtung
Heinrichs I. ist die Entstehung von Merseburg, Quedlinburg,
Meissen, Wittenberg u. a. zurückzuführen. Den Städten wurden
gar manche wichtige Vorrechte gegeben. Bald erkannten auch che
Handwerker, dass sie hier den rechten Boden für ihr Handwerk
finden konnten. Ihre Erzeugnisse konnten sie hier leichter an¬
bringen, als auf dem flachen Lande; darum blühte auch in den
Städten zuerst das Handwerk, daher kamen denn auch die ärmeren
Freien und trieben dasselbe in den Städten. Die Stadt gewährte