Full text: Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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dungsschulen dem Minister für Landwirtschaft. Die öffentlichen 
Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staatsdiener. 
Es gab eine Zeit, wo jede Schrift und jede Zeitung vor ihrer 
Veröffentlichnng einem dazu bestimmten Negierungsbeamten zur 
Beurteilung vorgelegt werden mußte; jetzt kann jederPreuße durch 
Wort, Schrift und bildliche Darstellung seine Meinung frei äußern. 
Leider wird das von vielen mißbraucht, indem dieselben gottesläster¬ 
liche, staatsgefährliche und entsittlichende Darstellungen veröffent¬ 
lichen und dadurch Tausende vonMeufchen verführen und verderben. 
Allen Untertanen ist es erlaubt, sich ohne vorgängige obrig¬ 
keitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen 
Räumen zu versammeln. Auch haben sie das Recht, sich zu solchen 
Zwecken, die den Staatsgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaf¬ 
ten zu vereinigen. Vereine aber, die politische Zwecke verfolgen, 
können durch Gesetze beschränkt oder verboten werden. So wurden 
durch das Sozialistengesetz, das bis zum Herbste 1890 gültig 
war, Vereine, Versammlungen und Druckschriften verboten, die 
durch sozialdemokratische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden 
Staats- und Gesellschaftsordnung bezweckten. 
Die Person des Königs ist unverletzlich: jedes Vergehen gegen 
dieselbe wird als Majestätsbeleidigung oder als Majestätsverbrechen 
hart bestraft. Alle Regierungshandlungen des Königs müssen von 
einem Minister unterzeichnet sein, wenn sie Gültigkeit haben sollen. 
Dieser Minister übernimmt damit die Verantwortung für die be¬ 
treffende Handlung. Dem Könige allein steht die vollziehende Ge¬ 
walt zu. Er ernennt und entläßt die Minister. Die Gesetze werden 
von ihm verkündigt, er erläßt die zu deren Ausführung nötigen 
Verordnungen, auch führt er den Oberbefehl über das Heer. Alle 
Stellen im Heere und in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes 
werden von ihm beseht, sofern nicht das Gesetz ein anderes vor¬ 
schreibt. Der König hat das Recht der Begnadigung und Straf¬ 
milderung. Ihm steht die Verleihung von Orden und anderen mit 
Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu. Der höchste 
preußische Orden ist der Orden des Schwarzen Adlers mit der In 
schrift Suum cuique, d. h. jedem das Seine. Das soll bedeuten, 
daß der König die Gerechtigkeit für die höchste Tugend eines Herr¬ 
schers hält. Die beiden Häuser des Landtages werden vom Könige 
berufen; das Abgeordnetenhaus kann auch durch ihn aufgelöst 
werden. Den Königlichen Hausgesetzen gemäß ist die Krone erblich 
in dem Mannesstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte 
der Erstgeburt und der blutsverwandtschaftlichen Linealfolge. In 
Gegenwart der vereinigten Häuser des Landtages leistet der König 
das eidliche Gelöbnis, die Verfassung des Königreiches fest und 
unverbrüchlich zu halten und in Übereinstimmung mit derselben und 
den Gesetzen zu regieren. 
Die obersten Beamten des Königs heißen Minister. An der 
Spitze des Staatsministeriums steht ein Ministerpräsident. Die 
einzelnen Ministerien haben wir bereits kennen gelernt.
	        
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