fullscreen: Überblick über die Brandenburg.-Preuß. Geschichte bis zum Regierungsantritte des Großen Kurfürsten, Allgemeine Geschichte von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 3)

124 
Das neue Deutsche Reich von 1871 bis zur Gegenwart. 
Daher hatten deutsche Kaufleute in Togo, in Kamerun, in Südwest- 
afrtfa, in Sansibar, aus Samoa, Neu-Guinea und den Marschallinseln Handels- 
Niederlassungen errichtet. Von zwei Seiten wurden diese Niederlassungen be- 
kämpft, von den Eingebornen und den europäischen Kolonialmächten. Wegen 
dieser Bedrängnisse wandten sich die deutschen Kaufleute um Schutz an die 
Regierung und schlugen bor, die noch freien Gebiete, wo sich Deutsche nieder- 
gelassen hätten, unter deutschen Schutz zu stellen oder als Kolonien zu er- 
werben. Zu dem Notschrei der deutschen Kaufleute kam der Notschrei der 
deutschen Missionare beider Bekenntnisse, die des Schutzes des Vaterlandes 
entbehrten und die Früchte langjähriger Kulturarbeit durch Aufstände der 
Eingebornen zerstört sahen. Der französische Kardinal Labigerie wies auf 
die empörenden Sklabenjagden in Afrika hin. 
Unter dem Druck dieser Gründe wurden 1884 zuerst die Besitzungen 
der Bremer Firma Lüderitz in Südwestafrika unter den Schutz des Deutschen 
Reiches gestellt, dann folgte die Besitzergreifung bon Kamerun und Togo, 
bvn Deutschostafrika, die Besitzergreifungen in der Südsee: Neu-Guinea, der 
Bismarck-Archipel, die Marschall-, Brown- und Probidenceinfeln. Im An- 
fchlnß an diese Besitzergreifungen schloß die Reichsregierung Vereinbarungen 
sowohl mit den freien Häuptlingen der Eingebornen als auch mit den benach- 
harten Kolonialmächten England, Frankreich und Portugal über die Ab¬ 
grenzung der Kolonien und Jnteressenkreise. So entstanden die fünf oben¬ 
genannten Kolonialgebiete. 
Jedes größere Unternehmen, zum Beispiel die Anlage eines Bergwerks, 
erfordert ein bedeutendes Anlagekapital, das erst im Lause der Zeit 
Gewinn abwirft. So auch der Erwerb bon Kolonien. Man berechnet, daß 
das Deutsche Reich iu den 22 Jahren, wo es Kolonien besitzt, 700 Million Jb 
dafür ausgegeben habe. In diesen 22 Jahren hat sich das deutsche National- 
bermögen mindestens um 30000 Million Jb bermehrt. Die Ausgaben 
betragen also nur 2 Prozent bon dem Zuwachs des deutschen National- 
Vermögens während dieser 22 Jahre. Der deutsche Kaufmann kauft die Roh- 
stoffe in den Kolonien auf und übergibt sie der heimischen Industrie zur 
Verarbeitung. Dadurch gewinnen Tausende bon Arbeitern Lebensunterhalt 
für sich und ihre Familien. Es gewinnt also nicht nur der Kaufmann, 
sondern auch der Arbeiter. Durch die Einführung der landwirtschaftlichen 
Maschinen sind biete Arbeiter in der Landwirtschaft überflüssig geworden. 
Die Industrie hat ihnen eine neue und reichlichere Nahrungsquelle erschlossen. 
Für 50 Million Jt> deutsche Jndustrieerzeugnisse werden zurzeit nach 
unfern Schutzgebieten ausgeführt. So ist fchon unser heutiger Kolonialbesitz 
ein wertvolles Absatzgebiet für das Mutterland geworden, und das Innere 
der Kolonien ist noch nicht einmal dem Handel erschlossen. Es ist zu hoffen, 
daß in der Zukunft das Anlagekapital reichlich berzinst wird. Denn die 
Baumwolle gedeiht in Togo, in den höhern Lagen bon Kamerun, besonders 
aber im Süden bort Deutsch-Ostafrika. Wir sind daher in Zukunft nicht 
mehr auf die amerikanische Baumwolle angewiesen. Die Schafzucht in Süd- 
westafrika liefert Wolle, reiche Erzlager besprechen einen ergiebigen Kupfer¬ 
ertrag. In Kamerun wird Kakao, in Ufambara Kaffee angepflanzt. Das 
Neu-Guiueagebiet liefert Sago, Tabak und Baumwolle. Die großen Wald- 
bestände in allen Kolonien besprechen eine reiche Ausbeute. Die geringe
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.