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so schlagen sie in einem grünen Busche oder auf einem blühenden
Baume ihre Wohnung auf, springen, singen und spielen miteinander
nach Herzenslust. Auch fangen sie an, Grashalme, Moos, Federn u, dgl.
herbeizutragen, um ihren künftigen Jungen ein warmes und weiches
Bett zu bereiten. Darauf legt das Weibchen Eier und brütet sie aus,
während ihm das Männchen etwas vorsingt. Sind die Jungen aus¬
gekrochen, so hören die Alten, weil sie nun alle Zeit auf die Versorgung
ihrer kleinen Nesthocker verwenden müssen, ganz auf zu singen.
Wenn sie nun alle diese Arbeit getreulich gethan haben, so steht ihnen
noch eine schlimme Zeit bevor, nämlich die Zeit, in der sie ihre alten
Federn verlieren und neue bekommen. Während dieser Zeit sind sie
kränklich; sie verstummen gänzlich und verkriechen sich, bis ihnen ihr
neuer Federrock gewachsen ist, in die dichtesten Gebüsche.
2. Die Schwalbe ist der geschickteste Maurer unter den Vögeln.
Andere kleine Vögel machen die Außenseite ihres Nestes aus Haaren,
Stroh, Grashalmen oder Psianzenwolle und füttern es inwendig mit
Federn aus, damit die Eier und Jungen weich und wann liegen. Die
Schwanzmeise trägt so viele Federn in ihr Nest, daß man einen
Hut damit anfüllen kann, wenn man sie herausnimmt. Es giebt sogar
einen Vogel, der sich die Federn aus seiner eigenen Brust auszieht, um
seinen Jungen ein recht weiches Lager zu bereiten. Denn er lebt in
sehr kalten Gegenden, und die Jungen haben ein warmes Bett nötig.
Der Vogel heißt Eidergans, und seine Federn nennt man Eid er-
dunen.
Mit großer Sorgfalt richten besonders die kleineren Vögel ihre
Nester so ein, daß die Eier und die Jungen sicher liegen. Sie suchen
sich zum Nestbau ein heimliches und verborgenes Plätzchen aus; manche
kleben auch außen um das Nest Moos und Flechten, so daß es nun
wie ein altes Stück Rinde aussieht. Und das ist auch sehr notwendig;
denn es giebt noch immer gar viele böse Buben, die den armen Vöglein
unbarmherzig die Eier und Jungen wegnehmen und die Nester, die sie
gefunden haben, schändlich verwüsten.
Aber auch uuter den größeren Tieren sind manche Räuber, die das
Glück der Vöglein zu zerstören trachten; Baummarder, Katzen und andere.
Darum befestigen viele Vögel ihre Nester an dünnen Baumzweigen.
Das Goldhähnchen hängt sein Nest an die äußersten Zweige der
Tannen oder Fichten, der Pirol an eine dünne, gabelförmige Rute,
zu welcher kein Baummarder hinkommen kann. Am weitesten aber haben
es in der Kunst, solche Hängebetten zu machen, die Webervögel ge¬
bracht, die in Afrika leben. Da haben sie freilich alle Sorgfalt nötig,
wenn sie ihre Eier und Jungen vor den Affen und Schlangen bewahren
wollen, die auf den Bäumen umherklettern und -schleichen, um die Kinder
der wehrlosen Vöglein zu erwürgen und zu verschlingen. Die größten
Künstler sind die grauen Weber, die aus Grashalmen gemeinschaftlich
ein Dach flechten, unter welchem sie eine ganze Nefterstadt anlegen.
Achthundert und noch mehr Familien erbauen ihre Wohnungen unter
dieser Strohmauer, welche sie vor Schlangen und Affen, aber auch vor
dem Regen schützt, der in den heißen Gegenden in jedem Jahre mehrere
Wochen lang hintereinander in Strömen vom Himmel herabfließt. —