nahe kommen, sonst droht ihm der Stock oder die Kette.
Bald ziehts mit auf die Weide. Besuchst du ein Dorf öder¬
em Landstädtchen, so ist das Erste, was du am Morgen
hörst, das Horn des Kuhhirten. Du bist vielleicht noch im
Bett, da wandeln die schweren buntfleckigen Kühe schon mit
den großen Glocken vorbei nach der Weide. Sie rufen
brüllend die Gefährten, die noch zurück sind. Der Land¬
wirt hat ihnen die schönsten Gräser auf dem Plan ausge¬
säet; so speisen sie den ganzen Tag lauter Honiggras,
Mannagras, Ruchgras, weißen Klee und dergleichen. Dann
können sie sich ohne Sorge niederlegen und der Verdauung
pflegen, so lange sie wollen. Der.Hirt wacht für sie, schützt
sie vor wilden Raubtieren und sorgt für frisches, gesundes
Getränk. Zur Nachtzeit oder beim Gewitter oder im Winter,
wenn der Sturm weht und der Sck ee treibt, hat das Rind
im warmem Stalle die Krippe voll prächtiges Heu; ja der
Landmann baut fürs liebe Vieh weite Felder voll vom schön¬
sten roten Kopfklee, blauen Luzern, roten Esparset, Runkel¬
rüben, Wicken und Hafer. Da ist weder Hunger noch Not.
Wird ein zahmes Stück Vieh krank, so ist man schnell bei
der Hand ihm zu helfen. Der Bauer kennt mancherlei Mit¬
tel, und wenn sein Wissen nicht ausreicht, so weiß der Hirt
Rat oder der Tierarzt. Zwar muß die Kuh des ämeren
Landmannes, der keine Pferde halten kann, zuweilen den Pflug
und die Egge ziehen und der Ochs den Wagen; doch ist es
dem meisten Rindvieh bei uns behaglicher gemacht als man¬
chem armen Menschenkind.
Und warum? Die Antwort ist leicht zu geben. Wie viele
Kinder der Stadt und Dorf jubeln vor Freuden, wenn
morgens die frische Milch zum Frühstück herbeikommt. Auch
findet man schwerlich einen Verächter des Rindfleisches.
Butter und Käse gehören ja mit zum lieben Brot und zur
täglichen Nahrung. Der Talg gibt Kerzen und Seife, das
Horn die Kämme und tausend nützliche Kleinigkeiten. Aus
Rindsleder wandeln die meisten Menschen durchs Leben, wenn
sie nicht barfuß gehen oder Holzschuhe tragen, und viele
stecken sogar die Hände in Kalbsleder. Das Kalbfell ruft
auf der Trommel die Krieger zum Kampfe fürs Vaterland.
Hätte das Rind ein klein wenig Verstand mehr, als es be¬
sitzt, so könnte es eitel werden, wenn ihm einer vorzählte,
wie nützlich und wichtig es ist und was alles selbst nach dem
Tode ans ihm noch werden kann.