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Auch die Schreibkuust war in Ägypten schon früher bekannt. In 
den ältesten Zeilen aber schrieben die Menschen auf Stein und Holz. 
Später schrieben die Ägypter auf Blätter der Papicrstaude. Indessen eine 
Buchstabenschrift kannten sie noch nicht; sondern zeichneten ganze Figuren 
zum Ausdruck des Gedankens. 
23. Der Niagara-Fall. 
Herrlicher noch als der Rheinfall, noch großartiger durch die 
Breite und Tiefe des Stromes, ist der Fall des Niagara in 
Nordanierika. Der Strom fließt aus dem östlichen Ende des 
Erie-Sees und ergießt sich nach einem Laufe von 36 Meilen in 
den Ontario-See. Er ist schon da, wo er die Erie verläßt, reißend- 
ungestüm; späterhin dehnt er sich mehr aus und wird ruhiger; 
drei Meilen oberhalb des Falls brechen sich jedoch seine Wellen 
nlit furchtbarer Gewalt gegen die Felsen am Ufer. Je näher der 
Strom den Fällen kommt, desto ungestümer lvallt und sauset er 
durch die Felsen dahin, erreicht endlich den Rand des grauen¬ 
vollen Abgrundes und stürzt in die Tiefe hinab; nahe bei dem 
Abgrunde macht er eine beträchtliche Biegung zur Rechten. Er¬ 
teilt sich in drei Fälle. Der ungeheuerste von diesen ist an der 
nordwestlichsten Seite des Flusses, man nennt ihn den großen 
oder Hufeisenfall, lveil er Ähnlichkeit mit einem Hufeisen hat. 
Die Höhe desselben ist 142 Fuß, die Höhe der beiden andern 166 
Fuß; er verdankt jedoch dieser geringen Höhe hauptsächlich seine 
Größe; denn da das Strombett hier niedriger ist, als an der 
andern Seite, so nimmt der größte Teil des Wassers seinen 
Weg zu ihm hin und stürzt mit erschütternder Gewalt hinunter. 
Aus seinem Mittelpunkte steigt fortwährend eine dampfende Ne¬ 
belwolke auf, die man Meilen lveit erblickt. Die Ausdehnung 
dieses Falls, seiner Fläche nach, beträgt 600 Ruten in der 
Rundung. Der zweite Fall, vom ersten durch eine Insel getrennt, 
ist 5 Ruten breit; der dritte Fall, vom dem zweiten ebenfalls 
durch eine Insel getrennt, hat eine Breite von über 400 Fuß; 
die ganze Breite der Fälle, die Inseln mit eingeschlossen, beträgt 
eine gute halbe Stunde. 
Den herrlichsten Anblick gewährt der Wasserfall bei Sonnen¬ 
aufgang und beim Mondscheine. Regenbogenfarben glänzen im 
Sonnenstrahl in den Dunstwolken; im Mondlichte glänzt das 
niederfallende Wasser wie geschmolzenes Silber. 
Wer die Grotte unter dem Falle besuchen will, erhebt sich 
früh vom Lager, uni die Sonne über das Wasser aufsteigen zu 
sehen. Er klimmt mit seinem Führer aus einer Leiter an ben 
Felsen hinab und gelangt aus einem schmalen Pfade, tüchtig 
durchnäßt, in die uiimittei6slre Nähe des Falles. Vom Winde 
umstürmt, von dem donnernden Brausen betäubt und von dem 
Staubregen übersprudelt, arbeitet er sich zur Höhle hin, deren
	        
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