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liebes Wort in unsern Herzen Raum, und gern lauschen wir denjenigen, die
zu erzählen wissen von Städten, die sie durchreisten, von tüchtigen Menschen,
die sie kennen lernten, von großen Ereignissen, wovon sie Zeugen waren.
Über dem Feierabend ruht der Geist der Andacht. Gerne gedenken wir
da im Vereine mit Gleichgesinnten der lieben Dahingeschiedenen oder sitzen
durch gute Bücher zu den Füßen unsrer großen Lehrer und Meister. Ein
mittelalterliches Bild stellt einen jungen Schustergcsellen dar, wie er nach
vollbrachtem Tagewerk in der Werkstätte mit dem Buch auf den Knien int
Schatten eines himmelanstrebenden Doms sitzt und voll heiliger Begeisterung
emporschaut zum lichten Abendrot. Am Tage treibe dein Werk mit Eifer
und Fleiß; am Abend ruhe aus und gedenke deiner höhern Abkunft!
Es kommt ein christlicher Kaufmann zu einem Handwerksmanne und
macht ihm Vorwürfe, daß er am Sonntag arbeite. Der Mann aber spricht:
„Mein lieber Herr! ich bin arm und muß am Sonntag arbeiten, sonst bringe
ich meine Familie nicht durch." Der Kaufmann entgegnete ihm: „Kein
Wunder, daß du so sehr arm bist. Wie kann dich Gott segnen, wenn du
am Sonntag arbeitest? — Ich will mit dir einen Vertrag schließen. Höre
auf, am Sonntag zu arbeiten und heilige diesen Tag, wie es einem Christen
geziemt. In einem halben Jahr komme ich wieder hierher, und dann vergüte
ich dir allen Schaden, den du durch die Sonntagsruhe erlitten hast, und
sollte es 100 Taler kosten." Der Handwerksmann war damit einverstanden.
Nach fünf Monaten kommt der Kaufmann wieder zurück und hört, daß
der Schuhmacher seinen Nat befolgt habe. Als er nun diesen nach der
Höhe seines Schadens fragt, spricht der Handwerksmann: „Die Feier des
Sonntags hat mir vielen Segen, aber keinen Schaden gebracht. Vor fünf
Monaten hatte ich keine Kuh, jetzt habe ich eine und bin so aus aller Not
gerettet. Gott segne euch für diesen Nat!"
32. Segen der Sonntagsheiligung.
„Soll die Arbeit dir gedeihen,
mußt du Gott den Sonntag weihen!
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Sonntagslied.
1. So feierlich und stille,
als heute nah und fern.
2. Es tönen hell die Glocken,
sie tönen nah und fern
und wollen alle laden
ins hohe Haus des Herrn.
sei's auch in meinem Herzen
am hehren Tag des Herrn.
3. O, solchem freud'gen Rufe,
wer folgte dem nicht gern?
Wer nähme Gnad' und Liebe
nicht gern von seinem Herrn?