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Strenge Aufsicht zur Zeit des Zunftzwunges. 
70. Strenge Aussicht zur Zeit des Zunftzwanges. 
Die Nachmittagsstunden zogen leise wie die Wolken am Himmel durch 
die Böttcherwerkstatt und ließen sich von der geräuschvollen Tätigkeit weder 
aufhalten, noch zur Eile treiben. Es hatte jede ihre sechzig Minuten, und in 
jeder Minute kamen so und so viel Schläge vom Beil auf die Tonne, fielen 
so und so viel Späne von der Bank aus den Boden. Meister Gotthard und 
feine beiden Gesellen, Arnold und Jakob, sowie Lutke, der Lehrjuuge, und 
der freiwillig mitschaffeude Gilbrecht wechselten während der Arbeit nur dann 
und wann ein paar Worte, bei denen aber keine Hand feiern durfte. Immer¬ 
hin ging es bei der Böttcherei laut genug her. daß sie alle fünf nicht,, gleich be¬ 
merkten, wie sich die Haustür öffnete und zwei Männer eintraten. Über das 
scharf gezeichnete, verbissene Gesicht des einen von ihnen, eines laugen, hageren 
Mannes in den fünfziger Jahren, flog ein häßliches Frohlocken, und fast auf 
der Schwelle noch wandte er sich bald zu seinem Begleiter um und sagte ihm 
leise: „Das ist gut! Er arbeitet mit drei Gesellen und einem Lehrjungen." 
Dann gingen sie ans den Meister zu, der sie jetzt erblickte, sich von der 
Schneidebank erhob und ihnen entgegentrat. Auch die Gesellen stellten die 
Arbeit ein, und der erste der Eingetretenen sprach: „Gott grüße euch, Gott 
weise euch, Gott lohne euch, ehrbarer günstiger Meister und euch, hübsche 
Gesellen! Wir kommen, eure Gelegenheit zu besehen nach Handwerks Ge¬ 
brauch und Gewohnheit." 
„Seid willkommen wegen des Handwerks!" sagte der Meister. „Wir 
wissen wohl," nahm jetzt der zweite das Wort, „daß es bei dir nicht von 
nöten ist, Henneberg, aber du weißt auch, daß wir es tun müssen mit eines 
hochedleu Rates Vollbord und Befehlich und nach des ehrbaren Amtes Ord- 
uung." „Ich weiß," sagte der Meister, „tut eure Pflicht, ihr Herren! Ich 
hoffe, ihr sollt nichts Wandelbares finden. Zählt und meßt die Großheit und 
die Kleinigkeit und die Unwissenheit, wo ich gefehlt habe." 
„Ei, lieber Meister, was redet ihr!" sagte der Lange wieder, „ihr, der 
Amtsmeister der ehrbaren Böttchergilde und aller Handwerker leuchtend Vor¬ 
bild, solltet Wandelbares haben: das ist ja zum Lachen." Aber das Lachen 
kam nicht von Herzen, und der Meister gab auch keine Antwort darauf, sondern 
schüttelte dem zweiten, einem kräftigen, untersetzten Manne, freundlich die 
Hand und sagte, als er dessen besorgten Blick erst auf Gilbrecht und dann 
auf ihn selber sah, ruhig lächelnd: „Gilbrecht, mein zweiter, ist eben aus der 
Fremde gekommen und wirkt aus Langerweile und zu seinem Vergnügen heute 
hier ein wenig mit, ist aber nickt niein Knecht." Das Gesicht des anderen 
heiterte sich auf, und die beiden Männer fingen nun au, mit Visierrute und 
Kettenmaß ein paar Tonnen auszumessen und das Boden- und Stabholz, 
sowie die Reifeubunde flüchtig zu überzählen. Aber sie taten es nur zum 
Schein, um der Vorschrift äußerlich zu genügen; denn sie wußten wohl, daß 
hier alles echt und gerecht und unsträflich war. Es waren die Wardierer, 
welche die Pflicht hatten, in bestimmten Zeitabschnitten und zwar unangemeldet 
und überraschend in den Werkstätten die Gelegenheit zu besehen und alle 
Handwerksarbeit genau zu prüfen, zu wägen und zu messen, ob sie genau 
nach der strengen Haudwerksordnung von tadellosem Rohstoff, nach rechtem 
Maß und Gewicht und in der vorgeschriebenen Art und Weise hergestellt und 
mit des Meisters Hausmarke gezeichnet war. Sie mußten das Holz, das zu 
Wasser oder zu Wagen gekommen war, untersuchen, ob es trocken und nicht
	        
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