26 Vaterland a. Freiheit. — Aus einem Briefe eines preuß. Soldaten an seinen Vater.
6. Da kehrt' ich um und ward
gesund
und freu mich nun aus Herzensgrund
im Vaterland!
Gleich wie die Lerche, schwingt mein Herz
sich wieder jubelnd himmelwärts
und grüßet rings das grüne Land,
das liebe deutsche Vaterland!
Robert Reinlck.
23. Vaterland und Freiheit.
Elende und herzlose Menschen sagen: „Wo es dir wohl geht,
da ist dein Vaterland; wo du am wenigsten geplagt wirst, da blüht
deine Freiheit.“
Ich aber sage:
„Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des
Himmels zuerst leuchteten, wo seine Blitze dir zuerst seine Allmacht
offenbarten und seine Sturmwinde dir mit heiligem Schrecken durch
die Seele brauseten, — da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.
Wo das erste Menschenauge sich liebend über deine Wiege
neigte, wo deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schoße
trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit und des Christen¬
tums ins Herz grub — da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.
Und wären es kahle Felsen und öde Inseln, und wohnte Armut
und Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig lieb haben; denn
du bist ein Mensch und sollst es nicht vergessen wie das Tier, sondern
behalten in deinem Herzen.
Auch ist die Freiheit kein leerer Traum und kein wüster Wahn.
Da ist Freiheit, wo du leben darfst, wie es dem tapfern Herzen
gefällt; wo du in den Sitten und Weisen und Gesetzen deiner Väter
leben darfst; wo keine fremden Henker über dich gebieten und
keine fremden Treiber dich treiben, wie man das Vieh mit dem
Stecken treibt.
Dieses Vaterland und diese Freiheit sind das edelste Gut, das
ein guter Mensch auf Erden besitzt und zu besitzen begehrt!“
Ernst Moritz Arndt.
24. Aus einem Briefe eines preußischen Soldaten an seinen Vater.
Mainz, den 15. Juli 1884.
Es ist wahr und gewiß, lieber Vater, das Soldatenleben striegelt und
putzt den Mann, und wer kein Soldat gewesen ist, der ist kein rechter Mann.
Wir haben einen grundgescheiten Kameraden in der Kompanie, einen Ge-
freiten, der ist ganz mit mir einverstanden, und der sagt auch: Jeder groß-
jährige Mann im Staat ist Bürger, das ist ein schönes Wort, das ist der
schönste Titel, den man haben kann. Ein Bürger steht mit allem, was er
hat, mit seinem ganzen Leben dafür ein und ist Bürge, daß Ordnung und
Recht im Staate ist, und daß niemand, heiß' er Franzos' oder Rufs', dem
Staate was anhaben kann. Jeder Bürger soll mithelfen, die Gesetze machen,
die über ihn regieren sollen. Jeder Bürger gibt seine Stimme dazu, wie
man die Steuern umlegen soll, daß keinem Unrecht geschieht, und daß eine
ordentliche Haushaltung geführt wird. Ich weiß wohl, es kann nicht jeder