Annette Freiin von Droste-Hülshoff. 51
Ofters aus dem trüben Auge Wie geschäftig schenkt dem Kranken
g kalte Zähre bricht, Er das erste Gläschen ein!
Wehn ihm seine grauen Haare 5. Setzt sich an des Lagers Ende
nnenebig ums Gesichl. Sirk e e Gald,
4. Doch gottlob! da ist die Hütte, Und von seinen frommen Lippen
Und nun öffnet sich das Haus, Einfach fließt das Wort der Huld.
Und nun keuchend auf der Tenne Wenn die abgezehrten Hände
Schüttelt er die Federn aus. Er so fest in seine schließt,
Ach, wie freut der gute Pfarrer Anders fühlt sich dann der Kranke,
Sich am blanken Feuerschein! Meint, daß gar nichts ihn verdrießt.
6. Mit der Einfalt, mit der Liebe
Schmeichelt er die Seele wach,
Kann an jedes Herz sich legen,
Sei es kraftvoll oder schwach.
Aber draußen will es dunkeln,
Draußen tröpfelt es vom Dach;
Lange sehn ihm nach die Kinder,
Und der Kranke seufzt ihm nach.
6. Freitaa.
1. Zu denken in gestand'nen Tagen 4. Still wandelnd durch des Parkes
Der Sorge, die so treulich sann, Linden,
Der Liebe, die ihn einst getragen, In deren Schutz das Veilchen blüht,
Wohl ziemt es jedem Ehrenmann. Der Alte muß es freundlich finden,
Am Lehrer alt, am Schüler mild Daß man so gern ihn Freitags sieht;
Magst du nicht selten es gewahren; Er weiß, dem Junker sind noch frisch
Und sind sie beide grau von Haaren, Die lieben, längst entschwund'nen Zeiten
Um desto werter ist das Bild. Und seines Lehrers schwache Seiten:
5 —
Zumei dem Prieslet wird be— Ein Gläschen Wein, ein guter Fisch.
schieden 5. Schon tritt er in des Tores Halle;
Für frühe Treue dieser Lohn; Da, wie aus reifem Erbsenbeet
Nicht einsam ist des Alters Frieden: Der Spatzen Schar, so hinterm Walle
Der Zögling bleibt sein lieber Sohn. Hervor es flattert, lacht und kräht:
Ja, was erstarrt im Lauf der Zeit Der kleinen Junker wilde Schar,
Und wehrt dem Neuen, einzudringen, Die still gelauscht im Mauerbogen
Des Herzens steife Flechten schlingen Und nun den Pfarrer so betrogen,
Sich fester um Vergangenheit. So überrumpelt ganz und gar.
3. So läßt ein wenig Putz gefallen 6. Das stürmt auf ihn von allen Seiten
Sich heut' der gute Pfarrer gern, Das klammert überall sich an;
Das span'sche Rohr, die Silberschnallen; Fürwahr, mühselig muß er schreiten,
Denn heute geht's zum jungen Herrn. Der müde und geduld'ge Mann.
Der mag in reifen Jahren stehn, Jedoch er hat sie allzugern,
Da ihn erwachs ne Kinder ehren. Die ihn so unbarmherzig plagen,
Allein das kann den Pfarr' nicht stören, Und fast zuviel läßt er sich wagen
Der ihn vor Zeiten klein gesehn. Die junge Brut des jungen Herrn.