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Flamme hatte das Dach eines Hauses ergriffen und näherte
sich einem Boden, auf welchem einige Fässer Pulver standen.
Die Gefahr war groß, und da der schlimme Umstand schnell
bekannt geworden war, will Niemand zum Löschen heran.
Endlich stürzt ein Taglöhner, der in dem gefährdeten Hause
zu arbeiten pflegte, auf den Boden, rollt die Fässer an das
Dachfenster, das am weitesten von der Flamme entfernt ist,
und übergibt sie hier, wo keine Gefahr der Entzündung war,
den Außenstehenden. Jetzt konnte mit Sicherheit gelöscht
werden. Das Feuer wurde gedämpft und das bedrohte
Haus gerettet.
Einige Tage nachher trifft, ich weiß nicht wer, mit
dem Taglöhner zusammen, lobt seine Entschlossenheit und
den Dienst, den er seinem Brodherrn und der ganzen Stadt
erwiesen habe, und setzte hinzu, es sei doch sehr verwegen
gewesen. Da antwortete Jener: „Verwegen, meinen Sie?
Nein, glauben Sie mir das, aus Verwegenheit hab' ich es
nicht gethan, so wenig als aus Hochmuth. Ich dachte so:
Wenn auch das Pulver losgeht und dich trifft, so ist der
Schade so groß nicht. Aber wenn du das Pulver heraus¬
schaffst, so ist doch noch manches zu retten und du hast
in dem Hause so vieles Gute genossen. Und da dacht' ich:
In Gottes Namen denn! und holte die Fässer heraus.
Sehen Sie, das war es; und nicht Verwegenheit."
18. Das Lied vom braven Manne.
Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohes Muths sich rühmen kann,
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob! daß ich singen und preisen kann,
Zu singen und preisen den braven Mann.
. Der Thauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Welschland trüb und feucht;
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegte die Felder, zerbrach den Forst;
Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.
Am Hochgebirge schmolz der Schnee,
Der Sturz von tausend Wassern scholl,
Das Wiesenthal begrub ein See.
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll;