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Wohlthaten, still und rein gegeben,
Sind Todte, die im Grabe leben,
Sind Blumen, die im Sturm bestehn,
Sind Sternlein, die nicht untergehn.
„Wenn man den Teufel an die Wand malt,
so kommt er." Das will sagen: Wenn man viel an das
Böse denkt und sich dasselhe in Gedanken vorstellt oder
lange davon spricht, so kommt zuletzt die Begierde zu dem
Bösen ins Herz und man thut's. Soll der böse Feind
nicht kommen, so mal' ihn nicht an die Wand! Willst
du das Böse nicht thun, so denke nicht daran, wo du gehst
und stehst, und sprich nicht davon, als wenn es etwas
Angenehmes und Lustiges wäre.
„Einmal ist Keinmal." Dieß ist das erlogenste
und schlimmste unter allen Sprichwörtern, und wer es ge¬
macht hat, der war ein schlechter Rechenmeister oder ein
boshafter. Einmal ist wenigstens Einmal, und daran läßt
sich nichts abmarkten. Wer einmal gestohlen hat, der kann
sein lebelang nimmer mit Wahrheit und mit frohem Herzen
sagen: „Gott Lob, ich habe mich nie an fremdem Gute ver¬
griffen," und wenn der Dieb erhascht und gehenkt wird,
dann ist Einmal nicht Keinmal. Aber das ist noch nicht
Alles, sondern man kann meistens mit Wahrheit sagen:
Einmal ist Zehnmal und Hundert- und Tausendmal. Denn
wer das Böse einmal angefangen hat, der setzt es gemeinig¬
lich auch fort. Wer A gesagt hat, der sagt auch gern B,
und alsdann tritt zuletzt ein anderes Sprichwort ein, daß
der Krug so lange zum Brunnen gehe, bis er
bricht.
25. Der Nachtwächter Thomas.
Nachtwächter Thomas, als er Alters halber seinen
Dienst aufgeben mußte, bat sich's vom Bürgermeister als
eine besondere Gnade aus, daß er fortan wenigstens die
Stadtuhr aufziehen dürfe. Es sei, sagte er, ein ganz
eigenes Verdienst, den Leuten zu zeigen, woran sie sind.
Das wurde ihm denn gestattet, und er zog auch fleißig
nach dem Kirchgänge die Uhr auf und richtete sie. Es
dauerte aber nicht volle vier Wochen, als Thomas den
Bürgermeister bat, er möchte ihm den Dienst, den verdrie߬
lichen, wieder abnehmen. Man könne es, sagte er, den