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43. Das Brot des heiligen Jodokus.
(Kosegarten.)
1. Zn prüfen seines Dieners Lauterkeit
kam einst der Herr vor Sankt Jodokus’ Türe
in ärmlicher Gestalt und bat um Brot.
2. „Gib,“ sprach Jodokus, „gib ihm, guter Schaffner!“
„Herr,“ sprach der Schaffner, „nur ein Brot ist übrig;
was bleibt dann dir und mir und unserm Hunde ?"
„ Gib immer!“ sprach der Abt. „Der Herr wird sorgen.“
3. Der Schaffner nahm das Messer, zirkelte
mit Fleiß und schnitt genau das eine Brot
in vier ganz gleiche Stücke, reichte eins
dem Bettler hin und sprach nicht allzu freundlich:
„ Eins dir, eins mir, dem Abt eins, eins dem Hunde!“
Jodokus lächelt’, und der Bettler ging.
4. Nicht lang, und in noch ärmlichrer Gestalt
kam abermal der Herr und bat um Brot.
„Gib,“ sprach Jodokus, „gib mein Stücklein ihm!
Der Herr wird sorgen.“ Und der Schaffner gab’s.
5. Nicht lang, und noch verhungerter erschien
zum drittenmal der Herr und bat um Brot.
„Gib,“ sprach Jodokus, „gib dein Stücklein ihm!
Der Herr wird sorgen.“ Und der Schaffner gab’s.
6. Nicht lang, und lahm, blind, nackt und bloß erschien
zum viertenmal der Herr und fleht’ um Brot.
Jodokus sprach: „Gib ihm des Hundes Stücklein!
Der Herr wird sorgen, der die Raben speist.“
7. Der Schaffner gab das Stück. Der Arme ging,
und eine Stimm’ erscholl: „Groß ist dein Glaube,
du deines Meisters echter Jünger, groß;
und wie du glaubtest, so soll dir geschehen.“
8. Der Schaffner trat ans enge Fenster. Sieh ! —
Da landeten im nahen Fluß vier Schifflein,
mit Brot und Obst und Öl und Wein befrachtet.
9. Der Schaffner eilte freudig an den Strand.
Von Menschen fand er keinen, fand dafür
am Ufer eine weiße Flagge wehn,
woran in Goldschrift diese Worte flammten: