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ihnen die Waldriesen niedergeschlagen, entrindet, mühsam auf Schlitten oder
Holzschleifen zum Holzabfuhrweg geschleppt und aus besonderen Wagen weiter-
befördert^ Ein Teil des Holzes wird als Brennholz aufbereitet und an die Städ¬
ter im Schwarzwald oder im Rheintal verkauft. Die meisten Stämme kommen
in die Sägemühlen, werden dort zu Brettern und Balken zerschnitten und als
Bauholz verwendet. Es gibt fast kein Schwarzwaldtal, in dem sich nicht Säge¬
werke befänden. Schon von ferne vernimmt der Wanderer das singende Geräusch
der Säge und das Klappern des Mühlrads. Der muntere Gebirgsbach, der
es treibt, liefert seit langem eine billige Kraft. Dagegen gewahrt der Wan¬
derer nur noch selten den Rauch eines Kohlenmeilers, wo ein rußiger Köhler
Stämmchen und Äste in Holzkohlen verwandelt, die mannigfache Verwendung
finden. Schmelzhütten und Glasbläsereien, die früher des Holzreichtums wegen
im Schwarzwald an verschiedenen Orten bestanden, sind seit der Verteuerung des
Brennmaterials und der Verwendung der billigen Steinkohlen eingegangen.
Die schönsten und größten Stämme, die sogenannten „Holländertannen"
bringt man nach den holzarmen Niederlanden, für welche der Schwarzwald seit
Jahrhunderten ein unerschöpfliches Holzmagazin ist. Noch vor wenig Jahren
wurden die mächtigen, 20—30 m langen Bäume auf der Kinzig, Murg, Nagold
und Enz hinab an den Rhein und Neckar geflößt. Gernsbach im Murgtal
war ein Hauptsitz der Flößerei im Schwarzwald. Jetzt werden die Stämme auf
Holzabfuhrwegen mittels besonderer Wagen aus denl Innern der Wälder an
die Eisenbahnen geschafft, die sie weiter befördern. Nur auf dem Neckar und
Rhein wird noch Flößerei getrieben. In Mannheim vereinigt man die kleinen
Flöße zum mächtigen Rheinfloß, das mit zahlreicher Bemannung und Hiitten
zum Wohnen langsam stromabwärts nach Holland schwimmt, wo man aus den
Schwarzwaldtannen Häuser und Schiffe baut.
Der Boden des hohen Schwarzwalds bringt nur wenig Nahrung für
seine Bewohner hervor. Im Winter sind die Leute monatelang ans Haus
gefesselt, weil durch den hohen Schnee die Wege ungangbar sind. Da
lag es nahe, daß die fleißigen Schwarzwälder in der kalten Jahreszeit,
in der die Arbeit in Wald und Feld und tm Stall nur wenig Zeit
erforderte, sich auch daheim auf die Verarbeitung des Holzes verlegten, das
so leicht und billig zu beschaffen war. Viele Dinge der Haushaltung, die der Land¬
mann in dichter bevölkerten Gegenden in einer benachbarten Stadt kauft,
stellt der Schwarzwälder Bauer selbst her. Daher ist noch jetzt der Schneidstuhl fast
in jedem Bauernhof zu finden. Da zerspaltet man Holz zu Rebpsählen und Schin¬
deln oder fertigt Geschirre und Küchengerätschaften aller Art: Kübel, Eimer,
Siebe, Kochlöffel, Holzschuhe, Schachteln, Teller u. a. m. Was man über den
eigenen Bedarf erzeugt, wird verkauft. Auch Frauen und Kinder beteiligen sich
emsig an dieser Arbeit, und selbst die Alten sitzen im Winter auf der Ofenbank
und schaben am Holz. Im Frühling wandert dann der Hausierer mit den fer¬
tigen Waren hinaus in die Ebene und in die angrenzenden Länder und
bringt für die Erzeugnisse der häuslichen Winterarbeit klingende Münze zurück.
Todtnau im hintern Wiesental und Bernau sind Mittelpunkte dieser Ge-
werbtätigkeit, die man auch Holzschneflerei nennt.
Durch fleißige Übung und sinnige Nachahmung wurde bei den Schwarz¬
wäldern die Handgeschicklichkeit im Laufe der Zeit sehr ausgebildet. Einzel¬
nen begabten Leuten genügte aber die Herstellung einfacher Gebrauchsgegen¬