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Gruppe: Finboge. Lauckhard: Das Kameel.
140. Das Kameel.
Lau ckhard, die Geographie in Uebersichten rc.
Das einhöckerige Kameel oder Dromedar ist Afrika eigenthümlich,
das zweihöckerige gehört Asien an. Beide haben die meisten Eigenschaften
mit einander gemein. Nach einem andern Sprachgebrauch nennt man
das Lauf- und Reitkameel Dromedar, abgesehen davon, ob es einen oder
zwei Höcker hat.
Das Kameel ist ein starkes Gebäude auf hohen Beinen; der kleine
Kopf auf dem langen Halse, die längliche Schnauze mit der gespaltenen,
überhängenden Hafenlippe und der Aetthöcker, der bei länger dauernder
Entbehrung zusammenschrumpft und wie ein Sack umliegt, geben dem
Thier ein häßliches Aussehen. Der Fuß ist schwielig und trefflich für
den Sand- und Wüstenboden eingerichtet. auf dem 'sein Schritt nicht
mehr Geräusch macht, als der nackte Fuß eines Menschen. Die Klauen
sind wenig gespalten und die Fußsohle mit einer dicken nachgebenden
Haut bedeckt, womit das Kameel ohne Schaden in den heißen Kieselsand
eingreift und einen festen Tritt behält. Durch die Höhe der Beine sinkt
es nicht allzu tief mit seiner Last — fünf bis acht Centner — in den
Sand ein und durch die Länge des Halses kann es sich einen starken
Schwung geben, um mit der Ladung, die es knieend empfängt, wieder
aufzustehen. Es begnügt sich mit spärlicher Kost. Einige Disteln, die
Schößlinge einer Mimose reichen aus. Manche Wüstenpflanzen mit
langen, harten Stacheln beißt es los und umhüllt sie mit seinem Speichel,
daß sie, ohne dein Gaum und Schlund zu schaden, hinab gleiten. Futter
reicht man in der Regel dem Kameel nicht, sondern gestattet ihm nur
einige Stunden Freiheit, um sich selbst zwischen Sand und Klippenspalten
die sparsamen Kräuter zu suchen, welche andere Thiere verachten. Das
aufgenommene Wasser bewahrt es in einem besonderen Magen, wie in
einem Schwamm, und harrt, wenn es sein muß, fünf bis zehn Tage
(eine bis zwei Kims oder Durstzeiten) aus, ohne zu trinken. Das Kameel
hat vier verschiedene Arten des Ganges: Außer Schritt, Trab und Galopp
geht es auch im Paß, wobei die beiden Beine einer Seite zugleich auf¬
gehoben werden. Wer das Reiten auf einem Kameel nicht gewohnt ist,
vermag es nicht lange auszuhalten, es sei denn, daß der Sattel ganz
bequem eingerichtet 'ist. Ein europäischer Reisender ertrug es nur eine
Viertelstunde, ein anderer, der als Gefangener nackt auf ein Kameel ge¬
bunden worden, erzählt, daß ihm nach kurzer Zeit das Blut an den Beinen
herab rieselte. Im Schritt gehen beladene Kameele täglich sieben Meilen,
Postkameele dreißig.
__ Das sanfte Kameel wird, wenn es über Vermögen Durst leiden
muß, wild, und der Beduine läßt sich dann zu Schimpfreden gegen das
sonst so sehr geliebte Thier hinreißen. Er nennt es Hundesohn, Jude,
läßt sich aber doch nie bestimmen, es zu prügeln. Auch zum Kampf
werden die Kameele zuweilen benutzt. Hierbei zeigen sie einen außer¬
ordentlichen Muth. Sie stürzen schreiend, voll Wuth auf die Dromedare
des Feindes, beißen um sich und werfen alles durch einander, wobei sie
mittelst ihrer scharfen Zähne einem Menschen mit einem Biß den Kopf
abreißen können. Nach solchen Angriffen ist das Thier allemal schwer