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2. Altgermanischer Leben. 
Charaktereigenschaften der alten Germanen. Der germanische Volkscharakter 
ist reich an Gegensätzen. Tapferkeit und Mut ließen den deutschen Mann 
vor keinem Feind zurückschrecken/ aber im Kampfe artete die Tapferkeit oft 
in wilde Rauflust und Grausamkeit aus. Nicht selten wurden Volks¬ 
genossen im Streite erschlagen/ aber durch Bezahlung eines wergeldes konnte 
sich der Täter von der Rache der Familie und vom Gericht loskaufen. Ruf¬ 
regende Tätigkeit und Rnspannung aller Kräfte liebte der alte Germane 
im Rriege und bei der Jagd/ aber die übrige Zeit brachte er gern mit 
Müßiggang zu. Untätig lagen dann die Männer auf der Bärenhaut und 
ergaben sich tagelang dem Trünke und dem Würfelspiel. So groß 
war ihre Spielwut, daß sie manchmal hab und Gut, sa ihre eigene Freiheit 
verspielten. Und doch war sonst ihr F r e i h e i t § g e f ü h l ein solch lebhaftes, 
daß kein freier Mann einen fremden willen über sich duldete. Zur llnter- 
ordnung unter einen Rönig oder Heerführer konnten sie sich nur bei großer 
Gefahr, die eine starke, einheitliche Führung notwendig machte, entschließen. 
Deshalb herrschte auch so oft Uneinigkeit, U e i d und Eifersucht unter 
ihnen. Neben dem unbegrenzten Freiheitsgefühl fand sich aber auch bedin¬ 
gungslose Unterwürfigkeit. Gerne folgten die freien Männer einem 
mächtigen Fürsten oder Grafen als seine Mannen/ sie waren ihm blind er¬ 
geben und fähig, selbst schlimme Taten für ihn zu begehen. Ruch fremden 
Völkern, wie den Römern, leisteten die alten Germanen Rriegsdienste. Ihre 
Treue war ebenso groß wie ihre Tapferkeit/ sie wurde gegen Freund 
und Feind geübt/ List und Trug waren den alten Germanen verhaßt. Ihren 
innigsten Rusdruck fand die deutsche Treue in dem Verhältnis der ehe¬ 
lichen Gemeinschaft von Mann und Weib. Obgleich der Frau die häusliche 
Rrbeit fast vollständig zugemutet wurde, war sie doch keineswegs nur dienende 
Magd, sondern gleichberechtigte Genossin des Mannes, weise Fronen wurden 
als prophetische Beraterinnen geachtet und geehrt. Reuschheit und Rein¬ 
heit der Sitten galten als die höchste Zier der Frauen. Gegen den Gast 
übten die alten Deutschen freigebige Gastfreundschaft, gleichgültig ob 
er ein Fremder oder ein Verwandter war. 
Nahrung und Uleidung. Die wichtigsten Bedürfnisse des Lebens befriedigte 
die Jagd, die nicht nur zur Sicherung des eigenen Lebens vor wilden Tieren, 
sondern hauptsächlich auch zur Gewinnung von Fleisch und Fellen betrieben 
wurde. Den Hauptreichtum der alten Germanen bildete das Vieh, besonders 
die Rinder/ diese wurden bei ihnen lange Zeit im Tauschhandel an Stelle des 
Geldes verwendet. Ruch Schafe und Schweine hatten für sie eine große 
Bedeutung. Schöne Pferde waren zum Reiten sehr geschätzt/ sie dienten 
auch als Opfertiere. Den Seegermanen gab das Meer Fische und andere 
Meerestiere zur Nahrung. Die wichtigsten Getreidearten waren Roggen, 
Gerste und Hafer, die mit steinernen Handmühlen gemahlen und zu Brot 
gebacken wurden. Rus Hafer bereitete die germanische Hausfrau den Hafer¬ 
brei. Milch, Butter und Räse gewann man von Rindern und Ziegen, 
allerlei Früchte des Gartens, wie Rettiche und Rohl, Beeren und Obst, 
dienten als Zugabe. Rls Getränk diente die Milch/ die Männer liebten 
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