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angefüllt. Hier liegen die Städte Kulm, Graudenz und Ma¬ 
rienwerder. — Eine Viertelstunde unterhalb Graudenz erhebt 
sich aus dem Bett des Stromes ein Berg, auf dem Friedrich der 
Grosse die Festung der Stadt erbaut hat. Sie ist durch die 
tapfere Vertheidigung des Feldmarschalls v. Courbiöre im Jahre 
1807 berühmt geworden. 
Ehe die Weichsel den Banziger Regierungsbezirk betritt, ist 
der Durchbruch durch den Landrücken vollendet, und nun spal¬ 
tet sie sich. Sie sendet nach Nord-Ost die Nogat. Dieselbe 
geht bei Marienburg vorbei, wo die prächtige Residenz der 
Hochmeister des deutschen Ordens war, und gelangt endlich, un¬ 
weit der Handelsstadt Elbing, in wohl 20 Armen zum frischen 
Hafis. Die Weichsel selbst fliest weiter nach Norden. Auf dem 
hohen bergigen Ufer liegt hier die kleine Stadt Dir schau, da¬ 
durch wichtig, dass bei ihr die Ostbahn vermittelst einer sehr 
grossen Brücke über den gewaltigen Strom geführt ist. Weiter 
unterhalb findet eine zweite Theilung der Weichsel statt. Ein 
Arm geht in das frische Hafis, ebenso wie die Nogat; ein anderer 
flieset bei Danzig vorbei. Diese alte ehrwürdige und schöne Stadt, 
eine der grössten Festungen des Staats, zählt gegen 83,000 Ein¬ 
wohner und ist mit Stettin die grösste Seehandelsstadt des preussi¬ 
schen Staates. Jährlich kommen in dem 1 Meile abwärts liegenden 
Hafen, an welchem NeufaUrwasser liegt, über 1200 Schiffe an, 
und ebenso viele laufen aus. Bei diesem Städtchen mündet auch 
die Dgnziger Weichsel in die Ostsee. Der versandete Zustand 
des Stromes gestattet nur Kähnen, bis Danzig hinauf zu fahren. — 
Ueberhaupt ist die Schifffahrt auf der ganzen Weichsel dadurch 
sehr gefährdet, dass die Massen von Lehm und Sand, welche im 
mittleren und unteren Laufe das Bett erfüllen und die gelben Ge¬ 
wässer des Stromes färben und trüben, von demselben bald hier, 
bald da zu Inseln und Bänken zusammengetrieben werden. 
Das von der Nogat und der Weichsel eingeschlossene Land 
(ein Dreiecksland oder Delta) ist eine Niederung, gegen 40 Qua¬ 
dratmeilen gross. Der Boden dieser Landschaft besteht aus Lehm, 
der mit vieler Dammerde vermischt ist. Seine Triebkraft ist un- 
gemein gross, der Pflanzenwuchs äusserst üppig. Es wird vieles 
und gutes Sommergetreide gebaut. Dem Wintergetreide schadet 
oft die Nässe. Weizen wird an den höheren Stellen mit Vortheil 
gewonnen. Der Graswuchs ist vorzüglich, daher auch die Vieh¬ 
zucht bedeutend. Die Bestellung des Ackers erfordert grosse 
Sorgfalt, sofern nämlich bei nasser Witterung die Pferde nicht 
gut fortkommen, bei grosser Trockenheit aber der Boden zu fest 
wird. Zahllose Gräben entwässern das Land; die zwischen den 
Gräben hinführenden Wege sind mit Weiden bepflanzt. Welcher 
Wassersnoth die Bewohner der Weichsel-Niederungen oft aus¬ 
gesetzt sind, wenn der Strom die Dämme durchbricht, ist auch 
in neuester Zeit leider genugsam bekannt. — Hauptort für den 
Handel mit Getreide, welches in grosser Menge, weit über den 
Bedarf, erzeugt wird, ist Danzig. Besonders wird hier viel Wei¬ 
sen verschifft. Man denke: Jährlich etwa für 4 Millionen Thalerl
	        
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