Full text: Württembergisches Realienbuch

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kaiserlichen Heere standen bald im Norden bald im Süden, während der 
Westen von den Franzosen heimgesucht wurde. Wo am meisten zu be¬ 
kommen war, dahin liefen die raubenden Söldnerscharen. 
6. Söldnerwesen und Kriegsgreuel. Die Heere, die im Dreißigjährigen Krieg 
kämpften, waren geworbene Söldnerheere; nur die Armee, mit der Gustav Adolf 
aus deutschem Boden landete, bestand aus schwedischen Landeskindern. Die Söldner 
waren der Auswurf der Menschheit, aus aller Herren Ländern zusammengetrommelte 
Deutsche, Italiener, Spanier, Iren, Schotten, Wallonen und Slawen. Sie hatten 
kein Vaterland, keine Heimat, keinen Glauben, keine Treue; ihr Trachten ging einzig 
und allein dahin, ein zügelloses Leben zu führen und reiche Beute zu machen. Bei 
der Anwerbung bekam jeder ein Werbe- oder Handgeld. Weil der Sold nur selten 
bezahlt wurde, lebten die Söldner ausschließlich von Raub und Plünderung. Jeder 
Ort, den eine Söldnerschar erstürmte, war dem Verderben geweiht. Eine einheit¬ 
liche Uniform hatten die Söldner nicht; sie glichen Bettlern und Wegelagerern und 
waren nur an den Waffen kenntlich. Von Wallenstein ist zwar bekannt, daß er 
bei seinem zweiten Kommando die Soldaten reichlich mit Korn, Wein, Tuch und 
Waffen versorgte, wodurch er sich seine Armee schuf. Die Söldner des Dreißig¬ 
jährigen Krieges zogen mit Weibern und Kindern zu Felde; einem Regiment, das 
3000 Mann stark war, folgten 2000 Weiber. Diese beteiligten sich ebenfalls an den 
Plünderungen, und was die Männer in den Kästen und Truhen liegen ließen, das 
nahmen die Weiber mit. Die an den Bewohnern verübten Grausamkeiten waren 
unglaublich. Am schlimmsten hausten zuletzt die Schweden. 
7. Der Westfälische Friede 1648. Alle Parteien waren des Krieges 
endlich müde. Drei Jahre dauerten in Münster und Osnabrück die Unter¬ 
handlungen, die dann rasch zum Abschluß gelangten, als die Schweden 
1648 einen Teil von Prag eingenommen hatten. Wo der greuelvolle Krieg 
angefangen hatte, da sollte er auch sein Ende finden. Die Fremden ließen 
sich einen hohen Friedenspreis bezahlen. Die Schweden bekamen Vor¬ 
pommern mit Stettin, Greifswald und der Insel Rügen als deutsches 
Reichslehen. Den Franzosen wurden die Bistümer Tonl, Metz und Ver¬ 
dun überlassen, außerdem erhielten sie Besitzungen im Elsaß; Straßburg 
blieb vorerst noch deutsch. Der unheilvolle Krieg hatte die Macht des 
deutschen Reiches nach außen geschwächt. Im Norden beherrschte Schweden 
die Ostseeländer, während der Westen unter der Gewalt Frankreichs stand. 
Ebenso unerfreulich regelte der Westfälische Friede die Zustände im Innern 
des Reiches. Die Kaisermacht war dahin. Ungefähr 360 weltliche und 
geistliche Fürsten und freie Städte zählte das Reich. Sie alle waren selb¬ 
ständig und durften Bündnisse mit auswärtigen Mächten abschließen; nur 
gegen das Reich und den Kaiser sollten sie nichts Feindseliges unternehmen. 
So wurde Deutschland infolge seiner Ohnmacht und Zerrissenheit ein Spiel- 
ball in den Händen feindlicher Mächte. Nur eines hatte der schreckliche 
Krieg gerettet: die Glaubensfreiheit. Der Augsburger Religionsfriede wurde 
bestätigt und auch auf die Reformierten ausgedehnt.
	        
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