Asiens Bevölkerung. 89
§. 80. Bevölkerung. — Asien beherbergt jedenfalls über die Hälfte
der gesnmmten Menschheit, mindestens 789 von 1390 Mill. (§. 31);
wiederum weit über die Hälfte davon gehört der Mongolrasse an, welche
Hinterasiens wesentliche und eigentümliche Bevölkerung bildet, während
Norderasien (sammt Hindustan) mit Europa und Nordafrika die kaukasische
Raffe theilt und der ostindische Archipel mit der Südsee die malayische,
übrigens, wie es scheint, als deren eigentliche HeimatWenn Asien über-
Haupt häufig als die „Völkermutter", ja als die „Wiege des Menschen-
geschlechts" betrachtet wird «wahrscheinlich mit Unrecht, §. 31): so ist es
jedenfalls die Wiege der Cultur und der Ausgangspunkt der Weltgeschichte,
welche das orientalische Zeitalter eröffnet. Neben den ältesten und
in ihrer Art verfeinertsten Culturen findet sich auch noch viel rohe Völker-
kraft, vermöge der ungeheuren Räume culturunfähigen Landes, welche so
oft ihre Horden entladen haben (§. 82). In jenen Culturen aber zeigt sich
neben dem nüchternsten Verstand die überschwenglichste Phantasie, und die
Ueppigkeit der Natur hat jene sprichwörtlich gewordene asiatische Pracht und
Ueppigkeit hervorgerufen. Asien war auch von jeher der Erdthe'l kolossaler
Bauten und der Riesenstädte, worin es auch gegenwärtig noch Europa
übertrifft, 5 mit wenigstens 1 Mill. E. (§. 39)2. — Heutzutage herrscht
daselbst, in Folge der großen Völkerströmungen, eine ausnehmende Völker-
Mischung, sei es daß verschiedene Völker bunt durcheinander wohnen
(Indien), sei es daß dadurch neue Völker aus den alten, ihrer Nationalität
nach ganz oder nahezu verschwundenen, Völkern hervorgegangen sind (wie
in ganz Vorderasien mit Ausnahme Arabiens). Unter den großen und
volkreichen Nationen des Erdtheils sind es vornehmlich die Araber (in
ihrer Heimat), die Hindu, die Chinesen und Japaner, welche seit ältester
Zeit ihre Nationalitäten behauptet haben. Die herrschenden Religionen
sind die brahminische und buddhistische und die auch über andere Erdtheile
verbreitete muhamedanische; das Christenthum aber verhält sich fremdartig,
theils in alten zerstreuten Resten, theils in neuen Anfängen durch euro-
päische Ansiedlung. Die einheimischen, meistens despotischen, Staa¬
ten sind gegenwärtig großenteils, nach ehemaligen Glanzzeiten, in tiefem
Verfall, zumal die muhamedanischen; man darf nur die östlichen Reiche
ausnehmen, welche sich bisher, durch ihre Lage und Natur dabei begünstigt,
in so hohem Grad nach außen abgeschlossen haben (was sich aber neuestens
geändert hat). Dagegen breiten 2 europäische Mächte ihre kraftvolle Herr-
schaft immer weiter aus, wozu noch das niederländische Reich im indischen
Archipel kommt; der russische, britische und chinesische Einfluß sind
heutzutage maßgebend in der ganzen großen Ländermasse. Nach dem chinesi-
scheiß Reich sind die bedeutendsten einheimischen und selbständigen Staaten,
einerseits die buddhistischen: Japan, Siam, Annam, Birma; anderseits
die muhamedanischen: das osmanische Reich (asiatische Türkei), Persien,
Afghanistan, Buchara, Ostturkestan 3.
' Dazu kommen noch: der mit der ganzen arktischen Zone gemeinsame hyper-
bor eis che Menschenschlag (§. 57) und die mit Australien gemeinsamen Negritos in
Ostindien. Wie Asien mit allen übrigen Erdtheilen (außer Südamerika) in nachbarlicher
Berührung steht, so nimmt es an den meisten Hauptvarietäten des Menschen Theil.
2 Zu diesen kommen noch bis zu l/i Mill. E. (ober annähernd) herab: Bombay,
Hankau (wofür früher das mit Hankau eine Doppelstadt bildende Wutschang genannt
zu werden pflegte), Calcutta, Fuhtscheufu, Bangkok, Miako (Kioto), diese 6 mit wenig¬