Full text: Württembergisches Realienbuch

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Im Jahr 1860 wurde auf dem Gebiet der Elektrizität eine weitere Erfindung 
gemacht, die seither für den Verkehr außerordentlich wichtig geworden ist, nämlich 
die des Telephons. Sein Erfinder ist ein deutscher Lehrer namens Reis; ver¬ 
bessert wurde es von dem Amerikaner Bell. Weil das Telephon den mündlichen 
Verkehr so sehr erleichtert, ist in den größeren Städten die Zahl derer, die sich des¬ 
selben bedienen, auf viele Tausende angewachsen. 
4. Das Jahr 1848 und feine Ergebnisse. 
Das Jahr 1848 war ein gar unruhiges Jahr. Im Februar hatten 
die Franzosen ihren König Ludwig Philipp verjagt, Frankreich zu einer 
Republik erklärt und bald darauf Napoleon, einen Neffen Napoleons I., zum 
Präsidenten gewählt. Die Nachricht von dem Ausbruch der neuen französischen 
Revolution zündete in Deutschland wie ein elektrischer Funke. Auch die 
Deutschen, die sich schon lange nach Freiheit gesehnt hatten,'wollten endlich 
die verhaßten Ketten abwerfen. In allen größeren Städten Deutschlands, in 
Berlin, in Wien, in München, auch in Stuttgart entstanden Volksauflünfe. 
Es wurden Reden gehalten mit dem Verlangen nach Schwurgerichten, Lehr- 
und Preßfreiheit, Gewissensfreiheit, Volksbewaffnung, Aufhebung der Feu¬ 
dallasten; in Berlin und Wien erscholl auch der Ruf nach einer Verfassung. 
Die meisten Fürsten bewilligten die Forderungen des Volkes durch die 
sogenannten „MärzMinisterien", weshalb die Tumulte fast überall ohne 
viel Blutvergießen vorübergingen. Bedenklich dagegen war die Lage in 
Berlin, wo König Friedrich Wilhelm IV. dem Volke die langersehnte 
Verfassung gewährt hatte. Jubelnde Volkshaufen versammelten sich vor dem 
Berliner Schlosse, um dem König zu danken. Da fielen plötzlich zwei Schüsse. 
Ans den Volksmassen ertönten die Rufe: „Verrat! Waffen! Rache!" Der 
Kampf zwischen Volk und Militär begann. Obgleich die Truppen siegreich 
blieben, gab der König doch den Befehl zum Abzug des Militärs. 
Die Frage der deutschen Einheit sollte von der Nationalver¬ 
sammlung in Frankfurt gelöst werden. Das war ein Tag der Freude 
und des Stolzes, als die Abgeordneten der deutschen Nation, Gelehrte, 
Dichter und Staatsmänner, in festlichem Zug zur Paulskirche in Frankfurt 
schritten, um dem deutschen Volke eine gemeinsame Verfassung und ein Ober¬ 
haupt zu geben. Die Fürsten ließen alles gutwillig geschehen, und der 
Bundestag löste sich auf. Die Arbeit der glänzenden Versammlung blieb 
aber ohne Erfolg. Klüglich scheiterte die Frage der nationalen Einigung 
an dem Gegensatz zwischen Preußen und Österreich. Die Großdeutschen 
wollten ein „Siebzigmillionenreich", bestehend aus Deutschland und ganz 
Österreich; die Kleindeutschen dagegen strebten ein Deutsches Reich unter 
der Führung Preußens und mit dem Ausschluß Österreichs an. Die Klein-
	        
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