Full text: Württembergisches Realienbuch

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4. Die Luft übt nach allen Seiten einen Druck ans. a) Wenn man 
an einem vollen, fest verspundeten Fasse den Hahnen öffnet, so läuft wenig 
oder nichts aus. Die Kraft, die sich gegen die Flüssigkeit stemnit und 
deren Aussließen verhindert, kann nur von der Luft herrühren. Öffnen 
wir auch das Spundloch, so strömt der Inhalt des Fasses sehr lebhaft aus. 
Denn nun wirken nach abwärts zwei Kräfte, die Schwere der Flüssigkeit 
und der Druck der atmosphärischen Luft; nach oben aber wirkt nur der 
Druck der Luft. Die Flüssigkeit folgt deshalb ihrer eigenen Schwere und 
fließt aus. — Wir füllen ein Glas mit Wasser, bedecken es mit einem 
Blatt Papier und drücken dieses fest an den Rand des Glases. Kehren wir 
nun das Glas um, so läuft nichts heraus, wenn wir auch die Hand vom 
Papier wegnehmen. 
d) Die sehr hohe Luftsäule übt vermöge ihrer Schwere auf andere Körper 
einen Druck aus. Merkwürdig ist, daß der Luftdruck sich nicht bloß 
von oben nach unten sondern auch von unten nach oben und nach 
den Seiten äußert. Wie das zugeht, kann man sich leicht dadurch anschaulich 
machen, daß man auf ein mit Sand gefülltes Säckchen von oben nach unten einen 
Druck ausübt. Wir bemerken, daß der Sack an den Seiten und auch oben straff 
angespannt wird. Die oberen Sandkörner werden durch den abwärts gerichteten 
Druck zwischen die unteren hineingedrängt, und diese weichen deshalb nach den 
Seiten und nach oben aus. Die Luftteilchen lassen sich natürlich noch leichter ver¬ 
schieben als die Sandkörner; also muß der nach untenwirkendeLuftdruck 
einen Druck nach oben und nach denSeitenhervorrufen. Das ist auch 
der Grund, daß wir gewöhnlich den Druck der Luft nicht empfinden. Deutlich wahr¬ 
nehmbar wird dieser erst, wenn er sich nur nach einer Seite hin geltend machen 
kann, oder wenn er in der einen Richtung stärker wirkt als in der entgegen¬ 
gesetzten Richtung. Der einseitige Druck wie auch der Überdruck in einer be¬ 
stimmten Richtung sind Kräfte, die in mannigfacher Weise ver¬ 
wertet werden. 
5. Der Stechheber ist eine Röhre aus Glas oder Metall, die sich 
in der Mitte bauchig erweitert, nach unten aber stark verengt. Die obere 
Öffnung ist so groß, daß sie bequem mit dem Daumen verschlossen werden 
kann. Weinhändler, Wirte, Küfer gebrauchen den Stechheber, um aus 
Fässern kleine Proben zu entnehmen. Man taucht ihn zu diesem Zwecke 
durch das Spundloch in die Flüssigkeit des Fasses. Wenn er sich durch 
seine untere Öffnung ganz oder teilweise gefüllt hat, verschließt man die 
obere mit dem Daumen. Zieht man nun den Stechheber heraus, so fließt 
nichts von seinem Inhalt aus. Nimmt man aber den Daumen weg, so 
läuft die Flüssigkeit in das untergehaltene Glas. — Solange die Röhre 
oben verschlossen ist, herrscht einseitiger Luftdruck in der Richtung von 
unten nach oben. Die Verengung am unteren Teil der Röhre verhindert 
das Eindringen von Luftbläschen in das Innere des Stechhebers (was 
würde sonst geschehen?). Wird der Stechheber oben geöffnet, so wirkt die
	        
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