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^ 14. Der brave Edelknabe.
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Friedrich der Große hatte aus verschiedenen adeligen Familien
eine Anzahl von Knaben, von denen jede Nacht- einer in seinem
Vorzimmer wachen mußte. Einer von diesen jungen Leuten lebte
in bedrängten Verhältnissen. Sein Vater war tot und seine
Mutter hatte den größten Teil ihres Vermögens verloren; die
Pension aber, die sie bezog, reichte kaum hin um ihr Leben damit
zu fristen. Ihr einziger Trost und ihre Hoffnung war ihr wohl-
geratner Sohn, der für seine Mutter tat, was er nur konnte,
und oft um Geld Nachtwachen für andere übernahm, damit er
seine Mutter reichlicher unterstützen konnte. Einst wachte der
König in der Nacht auf und konnte nicht wieder einschlafen; er
klingelte, es kam aber niemand. Der König stand leise auf um
den Schläfer zu überraschen. Als er in das Vorzimmer trat,
fand er das Licht halb herabgebrannt, den jungen Menschen aber,
mit dem Kopfe auf dem Tische liegend, in tiefen Schlaf ver¬
sunken. Neben ihm lag ein angefangener Brief. Der König
blickte hinein und las: „Meine liebe, gute Mutter! Dies ist nun
die dritte Nacht, daß ich für einen anderen die Wache über¬
nommen habe; es wird mir zwar herzlich sauer; aber ich denke
doch wach zu bleiben. Es wäre schrecklich, wenn der König
klingelte und wenn ich es nicht hörte. Nun, Gott weiß, wie
gern ich es tue; und Du freuest Dich gewiß auch, daß ich Dir
wieder einmal zehn Taler schicken kann. Wenn ich nur erst
Offizier bin, dann" — — Weiter war der Brief nicht ge¬
schrieben. Der König legte das Blatt wieder ebenso hin, ließ den
jungen Menschen ruhig schlafen, ging in ein Nebenzimmer, holte
zwei Rollen Dukaten und steckte sie ihm behutsam in die Seiten¬
laschen. Dann ging er zu Bett und schlief ruhig ein. Am Morgen
um sechs Uhr erwachte der Edelknabe und erschrak; denn um fünf
Uhr mußte der König geweckt werden. Aber noch größer wurde
sein Schrecken, als er aufsprang und die schweren Goldrollen in
seinen Seitentaschen fühlte. Schnell sprang er in das Kabinett
des Königs, der schon über eine Stunde bei der Arbeit saß,
fiel ihm zu Füßen, hielt ihm die Rollen Gold entgegen und
rief: „Majestät, ich bin unschuldig; hier will mich jemand inZ
Unglück stürzen; ich weiß nicht, wer mir die Rollen in die
Taschen gesteckt hat." — „Sei ruhig, mein Sohn," sprach der
König, „ich weiß alles, ich selbst habe sie hineingesteckt, sie sind
dein!" Der König erkundigte sich nun näher nach allen Ver¬
hältnissen, erhöhte die Pension der Mutter, und da der junge Mensch