Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Kinder und sprachen: Die Vögelchen wollen uns vielleicht etwas sagen! — 
Der Vater aber antwortete: Wenn sie reden könnten, so würden sie 
sagen: „Freundliches Zutrauen erwecket Zutrauen, und 
Liebe erzeuget Gegenliebe." 
HL Amphibien. 
21. Die Eidechsen. 
Daß viele Menschen sich vor den Schlangen fürchten, davon 
springen, oder sie des Lebens berauben, das ist noch wohl begreisiich, 
weil man sie für gefährlich hält und im zweifelhaften Fall lieber eine 
ungiftige todtschlägt, als von einer giftigen sich beißen läßt. Aber 
warum sind viele Leute sogar den Eidechsen feind, diesen unschuldigen 
Thieren, die niemanden beleidigen, niemanden schaden, vielmehr dem 
Landmanne nützlich werden, indem sie von allerlei kleinen Insekten oder 
sogenanntem Ungeziefer sich nähren? Höchstens können sie euch ein wenig 
erschrecken, wenn ihr so in euren stillen Gedanken dahinwandelt und auf 
einmal etwas im Laube rauscht. Aber wer ein gutes Gewissen hat, 
muß sich gewöhnen, nicht vor allem zu erschrecken. Wer ein böses Ge¬ 
wissen hat, dem ist freilich in diesem Punkte übel rathen. „Der Wind 
im Wald, das Laub am Baum saus't ihm Entsetzen zu." 
Nun, alle Leute sind so furchtsam freilich auch nicht, und im Früh¬ 
jahr, wenn man wieder ins Feld und ins Grüne geht, und überall in 
der mannigfaltigsten Gestalt das frohe Leben hervorwimmelt und laut 
wird, bleibt auch wohl ein verständiger Mann einen Augenblick vor 
einer Eidechse stehen, betrachtet ihr grünes Gewand, wenn es schöner 
als Smaragd an der Sonne schimmert, bewundert ihre unnachahmliche 
Geschwindigkeit und steht mit Vergnügen ihren unschuldigen Spielen zu. 
Dann geht er mit guten Gedanken seines Weges weiter, riecht an seinen 
Frühlingsstrauß und kann sich nicht genug ergötzen an den blühenden 
Bäumen und farbigen Wiesen umher. 
Gott sorgt auch für diese Thiere. Sie haben nicht genug Wärme 
in sich, um den Winter über dem Boden auszuhalten; auch würde es 
ihnen an Nahrung und Gebüsch zum verborgenen Aufenthalt fehlen. Sie 
verkriechen sich daher und bringen den Winter im Schlafe zu. Ohne 
Kalender wissen sie ihren Monat. Aber sobald im Frühjahr das Volk 
der kleinen Mücken lebendig wird und alle Keime in Gras und alle 
Knospen in Laub aufgehen, ruft die tiefer dringende Frühlingssonne 
auch dieses Geschöpf aus seinem Schlafe und Winterquartier, und wenn 
es erwacht, ist schon für Alles gesorgt, was zu seines Lebens Nahrung 
und Nothdurft gehört. — Bekanntlich haben nicht alle diese Thiere 
einerlei Farbe; aber eine Art derselben muß um ihrer Nahrung willen 
sich am meisten aus dem dunklen Gebüsch heraus ins Grüne wagen. 
Darum ist auch ihre Farbe grün. In dieser Farbe wird sie im Grase 
weder von den Thieren, denen sie nachstellt, so leicht entdeckt, noch 
von dem Storch, der ihr selber nach dem Leben strebt.
	        
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