Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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11. Metter-Unterricht. 
11. Kletter-Unterricht. 
Wenn ihr, was ihr könnt, erklettert, 6. Vorsicht ist die beste Schanze: 
will ich's euch nicht wehren; 
nur daß ihr euch nicht zerschmettert, 
höret meine Lehren. 
2. Dieses merkt euch, daß ihr keinen 
Ast je fahren lasset, 
ehbevor ihr habet einen 
anderen erfasset. 
3. Einem dürren Aste nimmer 
müßt ihr euch vertrauen; 
sicher ist es selbst nicht immer 
auf die grünen bauen. 
4. Besser als am besten Zweige 
haltet euch am Stamme, 
ob auch jener Glätte zeige, 
dieser rauhe Schramme. 
5. Denn die Zweige selber müssen 
nur am Stamm sich halten, 
der allein auf eignen Füßen 
steht, sie zu entfalten. 
11. 
nie auf einem Aste 
fußet so, daß draus die ganze 
Wucht des Körpers laste. 
7. Stützt euch hier, und dort beschicket 
eine Widerlage, 
daß, wenn etwa hier es knicket, 
es euch dort noch trage. 
8. Immer sollt ihr auf die Stärken 
euch hauptsächlich stützen, 
doch daneben, wohl zu merken, 
Schwächen auch benützen. 
9. Manche Zweiglein sind unstreitig 
für sich selbst nur schwächlich, 
sich verstärkend wechselseitig 
sind sie unzerbrechlich. 
10. Klettert nur mit rechtem Ernste, 
machet keine Künste! 
So erreichet ihr das Fernste, 
und euch trügt das Dünnste. 
Doch indem ihr Fuß und Hände 
drängt zur Höhe munter, 
denket auch, wie ihr am Ende 
wieder kommt herunter. 
R ü ck e r t. 
12. Das Kätzchen und die Stricknadeln. 
(Märchen.) 
Es war einmal eine arme Frau, die in den Wald ging, um Holz zu lesen. 
Als sie mit ihrem Bündel auf dem Rückwege war, sah sie ein krankes 
Kätzchen hinter einem Zaune liegen, das kläglich schrie. Die arme Frau 
nahm es mitleidig in ihre Schürze und trug es nach Hause. Auf dem 
Wege kamen ihre beiden Kinder ihr entgegen, und als sie sahen, dass die 
Mutter etwas trug, fragten sie: „Mutter, was trägst du?“ und wollten 
gleich das Kätzchen haben. Aber die mitleidige Frau gab es ihnen 
nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen, sondern sie legte es zu Hause 
auf weiche, alte Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Als das Kätzchen 
sich gelabt hatte und wieder gesund war, war es mit einem Male fort und 
verschwunden. — Fach einiger Zeit ging die arme Frau wieder in den 
Wald, und als sie mit ihrer Bürde Holz auf dem Rückwege wieder an 
die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da stand eine 
ganz vornehme Dame dort, winkte die arme Frau zu sich und warf ihr 
fünf Stricknadeln in die Schürze. Die Frau wusste nicht recht, was sie 
denken sollte, und es dünkte diese absonderliche Gabe ihr gar gering; 
doch nahm sie die Stricknadeln, zeigte sie ihren Kindern und legte sie
	        
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