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gewähren und einen feuerroten Honig erzeugen. Da die Heide erst im
Juli zu blühen beginnt, so werden die Bienenstöcke im Frühlinge womög¬
lich zuerst in die Rübsamenfelder gestellt; dann sucht der „Imker" (Bienen¬
vater) mit seinen Körben die Nachbarschaft großer Buchweizenfelder auf
und bleibt dort bis zum Juli, wo er seinen „Jmmcnzaun" mitten in der
blühenden Heide errichtet und sich dann nicht eher wieder um die Bienen
bekümmert, als bis die Stöcke mit Honig gefüllt sind. Viele gehen Jahr
aus Jahr ein ausschließlich diesem Gewerbe nach, andere treiben die Im¬
kerei neben ihrer Ackerwirtschaft und verkaufen ihre Ausbeute an jene, welche
einen förmlichen Großhandel mit Wachs treiben. Besonders ist Hamburg
der Ort, wo der Imker starken Absatz für seine Waaren findet.^ Ganze
Fuder bringt er zu Anfang des Herbstes dorthin und kehrt mit gefülltem
Beutel in sein Heidedorf zurück. In guten Jahren hat er 1000 bis
1500 M. gewonnen. Auch an Heidelbeeren sollen jährlich für 60000 M.
nach Hamburg abgesetzt werden.
Aber nicht bloß von den Leuten auf der Heide, sondern auch von
denen, die unter der Erde, sind, ist zu reden. Hünengräber sind an vielen
Orten zahlreich. Beim Öffnen findet man eine Art Gewölbe, meistens
länglichrund und von größeren oder kleineren Grnnitblöcken roh zusammen¬
gefügt oder vielmehr gelegt. In der Mitte stehen Urnen von gelblichgrauer
Farbe, mit Asche und Knochen gefüllt, daneben liegen mancherlei Wafsen-
stücke aus Stein oder Metall, Schmucksachen und anderes Gerät. Häufig
läßt der Landmann diese ehrwürdigen Denkmäler der Vergangenheit un¬
versehrt und pflügt um dieselben herum, so daß aus einer überall angebauten
Dorfgemarkung manchmal zehn bis zwanzig Hünengräber mit ihrem
braunen Heidegewande hervorschauen. Den grellsten Gegensatz zu diesen
Denkmälern der Urzeit bildet die Eisenbahn, welche von Harburg nach
Hannover hin quer die Heide durchschneidet.
Nach Daniel u. a.
12. Hamburg.
Hamburg ist die bedeutendste, größte und reichste Hafenstadt Deutsch¬
lands, wenn nicht des ganzen europäischen Festlandes. Seine Lage an dem
breiten, tiefen Elbstrome, in welchen hier die schiffbare Alster mündet, ist
eine überaus günstige. Schon Karl der Große erkannte die Vortheile,
welche dem Fischerdorfe, gelegen im dichten Walde „Ham", aus dem das
heutige Hamburg entstanden ist, durch seine Lage geboten waren, und ließ
in demselben eine „Burg" und eine Kirche erbauen. Im 13. Jahrhundert
war Hamburg schon so mächtig, daß es mit Lübeck Kriegsschiffe und ein
Heer zum Schutze des Handels halten konnte.
Nahet man sich der Stadt ans einem Dampfschiffe, so erblickt man
am rechten Elbufer einen ungeheuren Wald von Masten; die Luft ist voll
wehender Wimpel aller Farben und Nationen; zwischen denselben blühen
sich ungeheure Segel auf, und schwarze Rauchwolken steigen aus den Schorn¬
steinen der Dampfschiffe. Dahinter erheben sich die gewaltigen Speicher
für die Waarenvorräte. An dem mit Mauern eingefaßten Ufer wogen
geschäftige Menschen in allen Farben und Trachten auf und ab. Hier
arbeiten sich Rollwagen die Uferstraße hinaus; dazwischen jagen Droschken
und Reiter, schreien Kofferträger, singen Matrosen, rufen Verkäufer ihre