Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen

186 
gewähren und einen feuerroten Honig erzeugen. Da die Heide erst im 
Juli zu blühen beginnt, so werden die Bienenstöcke im Frühlinge womög¬ 
lich zuerst in die Rübsamenfelder gestellt; dann sucht der „Imker" (Bienen¬ 
vater) mit seinen Körben die Nachbarschaft großer Buchweizenfelder auf 
und bleibt dort bis zum Juli, wo er seinen „Jmmcnzaun" mitten in der 
blühenden Heide errichtet und sich dann nicht eher wieder um die Bienen 
bekümmert, als bis die Stöcke mit Honig gefüllt sind. Viele gehen Jahr 
aus Jahr ein ausschließlich diesem Gewerbe nach, andere treiben die Im¬ 
kerei neben ihrer Ackerwirtschaft und verkaufen ihre Ausbeute an jene, welche 
einen förmlichen Großhandel mit Wachs treiben. Besonders ist Hamburg 
der Ort, wo der Imker starken Absatz für seine Waaren findet.^ Ganze 
Fuder bringt er zu Anfang des Herbstes dorthin und kehrt mit gefülltem 
Beutel in sein Heidedorf zurück. In guten Jahren hat er 1000 bis 
1500 M. gewonnen. Auch an Heidelbeeren sollen jährlich für 60000 M. 
nach Hamburg abgesetzt werden. 
Aber nicht bloß von den Leuten auf der Heide, sondern auch von 
denen, die unter der Erde, sind, ist zu reden. Hünengräber sind an vielen 
Orten zahlreich. Beim Öffnen findet man eine Art Gewölbe, meistens 
länglichrund und von größeren oder kleineren Grnnitblöcken roh zusammen¬ 
gefügt oder vielmehr gelegt. In der Mitte stehen Urnen von gelblichgrauer 
Farbe, mit Asche und Knochen gefüllt, daneben liegen mancherlei Wafsen- 
stücke aus Stein oder Metall, Schmucksachen und anderes Gerät. Häufig 
läßt der Landmann diese ehrwürdigen Denkmäler der Vergangenheit un¬ 
versehrt und pflügt um dieselben herum, so daß aus einer überall angebauten 
Dorfgemarkung manchmal zehn bis zwanzig Hünengräber mit ihrem 
braunen Heidegewande hervorschauen. Den grellsten Gegensatz zu diesen 
Denkmälern der Urzeit bildet die Eisenbahn, welche von Harburg nach 
Hannover hin quer die Heide durchschneidet. 
Nach Daniel u. a. 
12. Hamburg. 
Hamburg ist die bedeutendste, größte und reichste Hafenstadt Deutsch¬ 
lands, wenn nicht des ganzen europäischen Festlandes. Seine Lage an dem 
breiten, tiefen Elbstrome, in welchen hier die schiffbare Alster mündet, ist 
eine überaus günstige. Schon Karl der Große erkannte die Vortheile, 
welche dem Fischerdorfe, gelegen im dichten Walde „Ham", aus dem das 
heutige Hamburg entstanden ist, durch seine Lage geboten waren, und ließ 
in demselben eine „Burg" und eine Kirche erbauen. Im 13. Jahrhundert 
war Hamburg schon so mächtig, daß es mit Lübeck Kriegsschiffe und ein 
Heer zum Schutze des Handels halten konnte. 
Nahet man sich der Stadt ans einem Dampfschiffe, so erblickt man 
am rechten Elbufer einen ungeheuren Wald von Masten; die Luft ist voll 
wehender Wimpel aller Farben und Nationen; zwischen denselben blühen 
sich ungeheure Segel auf, und schwarze Rauchwolken steigen aus den Schorn¬ 
steinen der Dampfschiffe. Dahinter erheben sich die gewaltigen Speicher 
für die Waarenvorräte. An dem mit Mauern eingefaßten Ufer wogen 
geschäftige Menschen in allen Farben und Trachten auf und ab. Hier 
arbeiten sich Rollwagen die Uferstraße hinaus; dazwischen jagen Droschken 
und Reiter, schreien Kofferträger, singen Matrosen, rufen Verkäufer ihre
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.