Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen

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Jahreszeit sumpfig wird. In diesem Hausen zahlreiche Herden von Elephanten 
nnd Nashörnern, welche oft in die benachbarten Reisfelder einbrechen und 
sie verheeren. Auch Füchse, Eber, Bären und anderes Wild lebt hier in 
Menge. Der Abhang des Gebirges hat ebenfalls dichte Waldungen von 
Kastanien, Walnußbäumen, Lorbeeren, Birken und Nadelhölzern nebst 
vielen einheimischen Bäumen mit köstlich duftenden Rinden, Ölen und den 
schönsten Holzarten. Die Thäler sind schön und fruchtbar, stark bevölkert 
und gut bebaut, meist mit Reis und Baumwolle, aber auch mit Korn, 
Mais, Zuckerrohr und Reben. Aus den höchsten grünen Halden finden 
sich der Wachholderstrauch, die indische Birke, Alpenrosen und viele Berg- 
kräuter. Hier leben das Moschusthier und das wilde Schaf, und Reb¬ 
hühner und Fasanen brüten bis nahe unter die Schneegrenze. Viel höher 
noch, als das Pflanzenleben geht, thürmen sich die majestätischen silber- 
reinen Schneegipfel empor, und zwischen ihnen liegen die ungeheuren 
Gletscher und Schneefelder, aus denen die indischen Flüsse kommen. Der 
Himmel ist hier meist rein, tief schwarzblau, und die Sterne leuchten nachts 
im hellsten Glanze. 
Indien ist ein wunderreiches Land! Wo die Luft feucht genug ist, 
wie z. B. auf Malabar, winken dem Wanderer aus der Ferne stundenlange, 
dunkle Wälder von Kokospalmen, deren schlanker Stamm an 26 Meter 
hoch wird. In den trockenen Gegenden wächst die aus Arabien eingeführte 
Dattelpalme. Die Sagopalme und der Brotbaum gewähren reichliche 
'Nahrungsmittel. Muskatnüsse, Zimmt, Gewürznelken, Ingwer und Pfeffer 
kommen aus Indien. In den Schlammniederungen gewährt der Reis 
jährlich eine zwei- bis viermalige Ernte. Man findet Gräser, deren Halme 
an 15 Meter hoch werden (Bambus). Das Ebenholz Indiens war schon 
bei den Alten berühmt. — Reich ist auch die Thierwelt. In den Flüssen 
lauern Krokodile; in den Büschen schleichen giftige Schlangen; in den 
Wäldern hausen Löwen, Tiger, Panther, Elephanten, Nashörner und eine 
Menge prachtvoll gefärbter Vögel. — Die Erde bringt Gold, Diamanten 
und andere Edelsteine, und bei Ceylon werden Perlen gefunden. 
Die eingebornen Einwohner dieses schönen Landes, Hindus genannt, 
sind Heiden und suchen ihre Hilfe bei den stummen Götzen. Nun mühen 
sie sich mit allerlei selbsterfundenem Götzendienst und mit Quälereien ihrer 
Leiber ab, um Ruhe für ihre Seele zu finden, und alles ist doch umsonst. 
Dazu kommt allerlei Plage und Not von außen. Ihr Land ist in den 
Händen der Engländer, welche von dem Gute und der sauern Arbeit der 
Inder reich werden wollen. So sind sie durch eigene und fremde Schuld 
geistlich und leiblich verkommen, dennoch aber immer noch ein Volk mit 
reichen Anlagen. — Im Jahre 1705 wurden von Dänemark aus zwei 
Missionare, welche im Waisenhause zu Halle durch August Hermann Francke 
gebildet waren, nach Ostindien geschickt. Es waren Bartholomäus 
Ziegen balg und Plütschau; später folgte ihnen der treue Schwarz 
und mehrere andere. Aus den fünf ersten Hindus, welche 1707 in der 
Kirche zu Tranquebar auf der Küste Koromandel getauft wurden, sind jetzt 
viele Tausende geworden, welche aus der Finsternis zum Licht hindurch¬ 
gedrungen sind. Missionsgesellschaften in England, Schottland und Deutsch¬ 
land schicken fort und fort neue Sendboten nach Indien. Auf 200 Stationen 
wird gepredigt, und weit und breit durchreisen die Missionare das Land. 
Wie gering auch die Zahl der Bekehrten ist, wenn man sie mit den vielen 
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