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die Türken schlugen ihn ab. Wochenlang wurde die Stadt belagert. Bren¬
nender Durst quälte die Belagerer, da weit und breit die Brunnen ver¬
schüttet waren. Meilenweit mußte das Holz zu den Belagerungswerkzengen
herbeigeschafft werden. Man bereitete einen neuen Sturm. Leitern, Wurf¬
maschinen und Belagerungsthürme wurden gezimmert. In feierlichem
Zuge, die Priester voran, bewegte sich das Heer, von den Türken ver¬
höhnt, um die Stadt. Am 14. Juli 1099 näherte man sich den Stadt¬
mauern. Ein Hagel von Steinen und Wurfspießen empfängt die An¬
greifenden. Über Leichcnhügel hinweg schreiten sie voll Todesverachtung.
Die Kriegsmaschinen werden herangebracht. Schon jubelt das christliche
Kwer. Da bricht die Nacht herein und macht dem Kampfe ein Ende.
Kaum dämmert der Morgen, so beginnt die blutige Arbeit von neuem.
Mit Erbitterung vertheidigen sich die Türken. Töpfe mit brennendem
Pech und Schwefel, Steine, Balken, selbst Leichname werden auf die Köpfe
der Belagerer hinabgeschleudert. Sie weichen. Ein Jubelruf der Türken
erschallt. Da erblickt Gottfried von Bouillon auf dem Ölberg eine Ritter¬
gestalt in weißer Rüstung und den hellstrahlenden Schild schwingend.
„Seht da," ruft er, „ein Eherub mit flammendem Schwerte, den Gott
uns zum Mitstreiter sendet." — „Gott will es! Gott will es!" antwortet
die Schar der Christen, und mit wildem Ungestüm dringt sic vorwärts.
Gottfried erklimmt zuerst die Mauer. Die Seinen folgen; Schar drängt
sich auf Schar, und Jerusalem ist erobert. Ein schreckliches Morden be¬
ginnt. Männer und Weiber, Greise und Kinder tobtet erbarmungslos das
Schwert der Christen. Von Gasse zu Gasse wälzt sich der Mord. In den
weiten und festen Mauern des Tempels haben Tausende Rettung gesucht;
aber der Tempel wird erstürmt, und die Unglücklichen werden erschlagen.
Das Blut fließt in Strömen. 10 000 Feinde sind getödtet; aber noch ist
das Morden nicht zu Ende. Nur Gottfried hält sich fern von diesem
Würgen. Barfuß, ohne Helm und Panzer eilt er in die Kirche zum
heiligen Grab, um dem Herrn für den errungenen Sieg zu danken. Nach
dreien Tagen endlich endet Mord und Plünderung. Nun werden die
Straßen gereinigt; die Sieger waschen das Blut von ihren Händen, und,
in weiße Gewänder gehüllt, wandeln sie in feierlichem Zuge nach dem
heiligen Grabe. Die Geistlichkeit kommt ihnen entgegen mit hoch erhobenen
Kerzen und mit frommen Gesängen, und voll Andacht sinkt die siegreiche
Schar in den Staub.
Gottfried wurde zum König von Jerusalem erwählt. Allein er weigerte
sich beharrlich, da eine Königskrone zu tragen, wo sein Heiland die Dornen¬
krone getragen hatte, und begnügte sich damit, Beschützer des heiligen
Grabes zu heißen. Er starb schon nach einem Jahre und ward in der
Kirche des heiligen Grabes zu Jerusalem begraben. Aus sein Grab
schrieben die trauernden Kreuzfahrer die einfachen Worte: „Hier liegt Gott¬
fried von Bouillon, welcher dies Land der Christenheit wieder gewonnen
hat. Seine Seele ruhe in Christo. Amen!"
In den zweihundert Jahren, während welcher die Kreuzzüge dauerten,
sind wohl an 7 Millionen Menschen ins Morgenland gezogen; und nur
wenige von ihnen sahen ihr Vaterland wieder. Sollen doch sogar im
Jahre 1212 gegen 40 000 Knaben aus Deutschland und Frankreich sich
auf den Weg nach dem gelobten Lande gemacht haben, aber meist umge¬
kommen oder in Sklaverei geraten sein. Dennoch hatte das ganze Unter-