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2. Otto sucht die königliche Macht zu heben. Otto nahm sich Karl d. Gr.
zum Vorbilde. Sein Streben ging vor allem dahin, die königliche Gelvalt fest in
seine Hand zu bekommen. Daher suchte er die Herzöge und anderen Großen
seines Reiches noch mehr wie sein Vater zu bloßen Lehnsträgern zu machen, die
er nach seinem Willen ein und ab setzen konnte. Das reizte aber die Großen zu
offener Empörung und verwickelte den König in unaufhörliche Kämpfe.
3. Eberhard von Franken. Vor allem tvar Eberhard von Franken über
Ottos Streben aufgebracht, und es dauerte nicht lange, so kam es zwischen beiden
zum Kampfe. Eberhard hatte nämlich in Sachsen einen Lehnsmann. Dieser
verweigerte ihm den Gehorsam.
„Die Sachsen waren stolz darauf geworden, daß die königliche. Herrschaft an ihren
Stamm gekommen war, und wollten keinem Manne anderen Stammes mehr dienen. Trugen
sie von einem solchen ein Lehen, so leisteten sie ihm als ihrem Lehnsherrn nicht die ge¬
bührende Ehre, sondern taten, als ob sie alles nur dem Könige zu danken hätten."
Um nun den ungehorsamen Lehnsmann zu züchtigen, siel Eberhard in Sachsen
ein und steckte die Burg seines Lehnsmannes in Brand. Da er aber nicht den
König Otto als obersten Richter angerufen hatte, so verurteilte ihn dieser zu einer
Strafe von 100 Pfund Silber, und seine Freunde, die ihm Beistand geleistet,
mußten öffentlich ans ihren Schultern Hunde in das königliche Schloß zu Magdeburg
tragen. Dadurch ivnrde Eberhard ein erbitterter Feind des Königs.
4. Thankmar. Otto hatte einen älteren Stiefbruder, Thankmar; dieser
glaubte sich durch Otto zurückgesetzt. Er vereinigte sich daher mit Eberhard von
Franken, setzte sich in der alten Eresbnrg fest und verwüstete das Land weit und
breit. Otto belagerte die Burg und zwang sie bald zur Übergabe. Thankmar
suchte Schutz in der Kirche. Dort stand er am Altar und focht wie ein ergrimmter
Löwe; bald aber traf ihn rücklings ein Speer, und er sank zu Boden. Otto ver¬
nahm mit großer Betrübnis die Nachricht von seinem Tode.
5. Heinrich. Nach dem Tode Thankmars wiegelte Eberhard Ottos jüngeren
Bruder Heinrich gegen ihn auf. Heinrich lvar nämlich geboren, als sein Vater
schon die Königskrone trug, während Otto geboren war, als sein Vater noch Herzog
lvar. Daher meinte Heinrich, daß ihm die Krone von Rechts wegen gebühre. Es
entstand ein 3 jähriger Krieg.
Mit Eberhard und Heinrich vereinigte sich auch der Schwager Ottos, Herzog Giselbert
von Lothringen. Dieser wollte sein Herzogtum unabhängig machen. Es kam zum Kampfe.
Otto siegte. Heinrich erhielt Verzeihung. Bald darauf aber stiftete er eine Verschwörung
gegen Otto in Sachsen. Da erfuhr Otto, daß Eberhard und Giselbert ihr Heer über den
Rhein gesetzt hatten, um in Sachsen einzudringen. Als sie nun eines Tages sorglos beim
Brettspiel saßen, überfiel er sic plötzlich. Eberhard lvurde erschlagen. Giselbert lvollte über
den Rhein entfliehen. Aber der Kahn sank unter, und Giselbert ertrank. Heinrich erhielt
zum zweitenmal Verzeihung. Er ruhte aber nicht und stiftete sogar eine Verschwörung gegen
Ottos Leben an. In Quedlinburg sollte Otto überfallen werden. Aber die Mörder wurden
entdeckt und hingerichtet. Nun kehrte aufrichtige Reue in Heinrichs Seele ein.
Als Otto das Weihnachtsfest im Dome zu Frankfurt a. M. feierte, erschien
Heinrich barfuß und im Büßerhemde und warf sich dem schlvergekränkten Bruder
zu Füßen. Otto hob ihn auf, verzieh ihm seine Schuld und hatte fortan einen
treuen Freund an ihm. (Gedicht: Kaiser Otto und sein Bruder Heinrich.)
6. Befestigung und Ausdehnung der königliche» Macht. Nach und nach
gelang es Otto, alle ihm feindlich gesinnten Großen des Reiches zu besiegen. Nun
lvuchs seine königliche Macht immer mehr. Setzte er einen Lehnsmann ein, so