Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

202 
Earl der Grosse regierte 47 Jahre, von 768 Ms 814. Sein. Sohn, 
Ludwig der Fromme, folgte ihm in der Regierung (von 814 — 840). Die 
Söhne Ludwigs desFrommen aber theilten das grosse fränkische Reich 
durch den Vertrag zu verdün (843) in: Frankreich, Italien und Deutschland. 
So wurde Deutschland ein für sich bestehendes Reich, welches Ludwig der 
Deutsche erhielt. Mit der deutschen Königswürde blieb aber auch die rö¬ 
mische Kaiserwürde verbunden. —Im Jahre 911 starb das karolingi¬ 
sche Geschlecht in Deutschland aus, und dieses wurde ein Wahlreich. 
Die deutschen Fürsten wählten nun Konrad von Franken (regierte von 
911—918); alsdann folgten Könige aus dem sächsischen Geschlecht 
(von 918—1024). Unter den sächsischen Königen ist besonders bemerkenswerth: 
13. Heinrich I., auch Heinrich der Vogelsteller 
genannt. 
' (919-936.) 
„Heinrich der Vogelsteller!" Ein sonderbarer Name! Wer war 
dieser Vogelsteller? Ein Herzog von Sachsen war er, ein mächtiger, 
frommer Herr. Darnm wählten ihn auch die Deutschen im Jahre 919 
zu ihrem Könige. Die Boten, welche ihm die Nachricht von seiner 
Wahl zum Könige brachten, sollen ihn bei der Stadt Quedlinburg 
beim Finkenfange angetroffen haben, daher sein Beiname. 
Zu seiner Zeit war das arme Deutschland ein sehr unglückliches, 
trauriges Land. Von Südosten her jagten häufig auf ihren schnellen 
Pferden die Hunnen oder Ungarn herein, trieben den Bauern ihr Vieh 
weg und sengten und plünderten, wohin sie kamen. Und sainmelte sich 
nun erst langsam ein Haufen deutscher Krieger wider sie und fing an, 
sich in Marsch zu setzen, dann waren sie samnll ihren Leuten schon 
lange wieder fort, weit, weit über alle Berge. — Und von Nord¬ 
osten her kamen zu Zeiten die Wenden und machten's eben so. Das 
war eine traurige Zeit. — Was that da der weise, der bedächtige 
Heinrich? 
Zunächst schloß er einen neunjährigen Waffenstillstand mit den ge¬ 
fährlichen Ungarn und gelobte ihnen einen neunjährigen Tribut. Dafür 
sollten sie nicht mehr nach Deutschland kommen und das Vieh wegtreiben. 
Sie waren auch damit zufrieden. Und nun begann im ganzen deut¬ 
schen Reich eine bessere Zeit, überall ein reges und thätiges Leben. 
Ueberall fing man an, Häuser zu bauen und hier und da einen Haufen 
derselben mit einer Mauer und mit einem Wassergraben zu umziehen. 
Solch eine ummauerte Stätte nannte man Stadt oder Burg und ihre 
Bewohner Bürger. Aber die Städte waren noch leichter zu bauen, 
als Bewohner dafür zu finden; denn die Deutschen liebten das Wohnen 
auf dem Lande und sagten: „Sollen wir uns lebendig begraben lassen? 
Deine Städte sind nichts anders, als Gräber." Da befahl Heinrich, 
die Leute sollten loosen, und je einer aus neunen, den das Loos treffe, 
sollte vom Lande in die Stadt ziehen. Damit sie das aber um so 
lieber thun möchten, gab er den Städten viele Vorrechte, so daß die 
Bürger hinter ihren Mauern nach und nach viel freier wurden, als die 
Bauern, welche damals ihren Edelleuten oder Klöstern als Leibeigene
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.