6 l. Der Kulturkampf
§ 8. Die Staatsprüfung hat nach zurückgelegtem theologischem Stu¬
dium statt. Zu derselben darf nur zugelassen werden, wer den Vor¬
schriften dieses Gesetzes über die Gymnasialbildung und theologische
Vorbildung vollständig genügt hat. Die Prüfung ist öffentlich und wird
darauf gerichtet, ob der Kandidat sich die für feinen Beruf erforderliche
allgemeine wissenschaftliche Bildung, insbesondere auf dem Gebiete der
Philosophie, der Geschichte und der deutschen Literatur erworben habe.
Der Minister der geistlichen Angelegenheiten trifft die näheren Anord¬
nungen über die Prüfung.
§ 15. Die geistlichen Oberen sind verpflichtet, denjenigen Kandi¬
daten, dem ein geistliches Rmt übertragen werden soll, dem Oberpräsi¬
denten unter Bezeichnung des Amtes zu benennen. Dasselbe gilt bei
Versetzung eines Geistlichen in ein anderes geistliches Amt oder bei Um¬
wandlung einer widerruflichen Anstellung in eine dauernde. Innerhalb
30 Tagen nach der Benennung kann (Einspruch gegen die Anstellung er¬
hoben werden. Die (Erhebung des (Einspruchs steht dem Dberpräsidenten zu.
§ 18. Jedes Pfarramt ist innerhalb eines Jahres vom Tagender Er¬
ledigung, wo gesetzlich oder observanzmäßig ein Gnadenjahr besteht,
vom Tage öer (Erleöigung öer Pfrünöe an gerechnet, öauernö zu besetzen.
Die Frist ist vom (Dberpräfiöenten im Falle öes Beöürfniffes auf Antrag
angemessen zu verlängern. Nach Ablauf öer Frist ist öer (Dberpräfiöent
befugt, öie tvieöerbefetzung öer Stelle durch Gelöstrafen bis zum Betrage
von 1000 Talern zu erzwingen. Die Androhung unö Festsetzung öer
Strafe öarf wieöerholt rveröen, bis öem Gesetze genügt ist. Außeröem
ist öer Minister öer geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, bis öahin
Staatsmittel einzubehalten, welche zur Unterhaltung öer Stelle oöer
öesjenigen geistlichen Oberen öienen, öer öas Pfarramt zu besetzen oöer
öie Besetzung zu genehmigen hat.
§ 22. (Ein geistlicher Oberer, welcher Öen §§ 1—3 zutoiöer ein geist¬
liches Amt überträgt oöer öie Übertragung genehmigt, wirö mit Gelö-
strafe von 200 bis zu 1000 Talern bestraft. Dieselbe Strafe trifft den¬
jenigen, welcher öer Vorschrift öes § 19 Absatz 1 zuwiöerhanöelt.
b) Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des könig¬
lichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom \2. Mai 1873.
§ 1. Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchenötener öarf nur
von öeutfchen kirchlichen Behöröen ausgeübt rveröen.
§ 2. Kirchliche Disziplinarstrafen, welche gegen öie Freiheit oöer
öas vermögen gerichtet finö, öürfen nur nach Anhörung öes Beschul-
öigten verhängt weröen. Der (Entfernung aus öem Amte (Entlassung,
Versetzung, Suspension, unfreiwillige (Emeritierung usw.) muß ein ge-
orönetes prozessualisches Verfahren vorausgehen. 3n allen öiesenFällen
ist öie Lntscheiöung schriftlich unter Angabe öer Gründe zu erlassen.