120 Geschichte.
war. Darum vereinigten sich 1848 Abgeordnete aller deutschen Slaaten zu einer
Nationalversammlung, die in Frankfurt a. M. zusammentrat, um über die
Einigung Deutschlands zu beraten. Bei diesen Beratungen entstanden jedoch zwei
Parteien. Die eine wollte Preußen, die andre Osterreich an die Spitze stellen. Die
erste Partei gewann die Oberhand, so daß Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiser—
krone angetragen wurde. Er lehnte sie jedoch mit schwerem Herzen ab, weil sie ihm
allein vom Volke, nicht aber von den Fürsten angeboten wurde. Damals sprach er
das prophetische Wort: „Eine Kaiserkrone kann nur auf dem Schlachtfelde
gewonnen werden.“ Nun versuchte es der König, durch eine Verständigung mit
den deutschen Fürsten Deutschlands Einigung herbeizuführen. Er schloß mit den
Königen von Sachsen und Hannover einen Bund [Union], dem bald darauf mehrere
kleinere deutsche Fürsten beitraten. Bayern und Württemberg lehnten dies jedoch
ab und setzten es im Bunde mit Osterreich durch, daß die meisten deutschen Fürsten
von der Union zurücktraten. Als in Hessen ein Aufstand ausbrach, den Friedrich Wil—
helm IV. mit preußischen Truppen unterdrücken wollte, drohte Osterreich mit Krieg
und forderte die Zurückziehung der preußischen Truppen sowie die Auflösung der
Union. Weil Osterreich von mehreren deutschen Fürsten und von Rußland unterstützt
wurde, gab Preußen im Vertrage zu Olmütz nach und erlitt dadurch eine schwere
Demütigung; denn der König verzichtete dabei auf die Führung in Deutschland. Der
„Bundestag“, der sich 1848 aufgelöst hatte, trat unter Osterreichs Vorsitz wieder zu—
sammen. Preußen wurde jahrelang durch Otto von Bismarck vertreten.
6. Aufblühen von Handel und Gewerbe. In der Mitte des 19. Jahr—
hunderts nahmen Gewerbe und Handel einen mächtigen Aufschwung. Die
Folge davon war, daß aus kleinen Werkstätten große Fabriken entstanden. Be—
sonders berühmt wurden die Eisengießerei und Lokomotivenfabrik von Borsig
in Berlin und die Gußstahlfabrik von Krupp in Essen, die noch heute durch
die Lieferung vorzüglicher Kanonen und Schiffspanzer Weltruf genießt. In
Solingen entstanden Fabriken zur Herstellung von Messern, Scheren, Schwertern
und andern Eisenwaren. Nikolaus Dreyse erfand das Zündnadelgewehr. —
Die Dampfmaschine brachte auch im Verkehrswesen eine große Umwälzung
hervor. 1852 wurde die Ostbahn eröffnet, die der König als eins der größten
Werke seiner Regierung bezeichnete. Bald entstanden auch andre Eisenbahn—
strecken, so daß Personen und Waren schnell und billig von Ort zu Ort befördert
werden konnten. Auf großen Flüssen und zwischen Seehafenstädten wurde
regelmäßiger Dampferverkehr eingerichtet. Preußische Handelsschiffe ver—
mittelten einen regen Verkehr mit dem Auslande. Um den Seehandel zu schützen,
legte der König den Grund zu einer preußischen Kriegsflotte.
7. Förderung von Kunst und Wissenschaft. Schon als Jüngling hatte
Friedrich Wilhelm IV. auf seinen Reisen in Paris und in Italien zahlreiche
Kunstschätze kennen gelernt und dadurch große Liebe für die Kunst gewonnen.
Als König unterstützte er junge, strebsame Künstler und ließ in Berlin und Düssel—
dorf berühmte Malerschulen einrichten. Seine Residenz schmückte er, indem er
das Denkmal Friedrich Wilhelms III., das herrliche Standbild Friedrichs des
Großen, das Neue Museum und die Schloßkapelle mit der Schloßkuppel errichten
ließ. Er sorgte auch dafür, daß der Bau des Cölner Doms, der jahrhunderte—