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P>. Besondere Landschaftskunde
3. Per Wromöerger Kanak.
Der Ban des Bromberger Kanals (vergl. S. 58) war der erste wichtige Schritt,
den Friedrich der Große nach der Besitzergreifung des Netzebezirks für die
Hebung des tiefgesunkenen Landes tat. Wo sich jetzt der Kanal mit seinen
Schleusen und schönen Anlagen hinzieht, war damals ein großes Snmpfland
mit vielen Morasten. Es gehörte zum alten Weichselbett und wies dem
Kanal seine natürliche Richtung. Ans allen Teilen Deutschlands zog der
König Tausende von Arbeitern dorthin, welche am 1. März 1773 unter der
Aufsicht des Herrn von Brenkenhof mit dem Bau des Kanals begannen.
Zwar kostete derselbe sehr viel Geld, und viele Arbeiter wurden krank und
starben, weil sie oft tagelang bis unter die Arme in eiskaltem, übelriechendem
Wasser stehen mußten, um das Kanalbett zu graben und feste Uferböschungen
zu gewinnen. (Von 6000 Arbeitern starben gegen 1500.) Aber der König
ließ nicht nach mit der Arbeit. Nach 16 Monaten war die Wasserstraße
hergestellt. — Sehr viele Kanalarbeiter siedelten sich nach Beendigung des
Werkes mit ihren Familien im Gebiete der Netze an und wurden fleißige
Ackerbauer.
Der Kanal geht in ziemlich gerader Richtung von Bromberg westlich bis
Nakel. Er verbindet Brahe und Netze, demnach das Weichsel- mit dem Oder¬
gebiet. Seine Länge beträgt fast 30 km. Da einerseits der Wasserspiegel
der Netze bei Nakel noch 20 m über dem der Brahe bei Bromberg liegt,
anderseits der Kanal die Wasserscheide zwischen beiden Flüssen zu über¬
schreiten hat, so wurde die Anlage einer Anzahl von Schleusen werken
nötig, in welchen die Schiffe und Flöße auf- oder abwärts steigen konnten.
Das Kanalbett hat eine Senkung nach Bromberg und eine nach Nakel zu.
Bei der 8. Schleuse ist der höchste Punkt der Kanalstrecke. Hier empfängt
der Kanal sein Wasser ans der noch höher gelegenen obern Netze durch einen
Speisekanal. Die ganze Kanalstrecke hat 10 Schleusenwerke, wovon 8 ans
die Brahetreppe, 2 auf die Netzetreppe kommen. In den festgemanerten
Schleusenraum führen zwei starke Tore, das eine von der hoch gelegenen
obern Leitung des Kanals, das andere von der tief liegenden untern Kanal¬
strecke. In dem Schleusenraum geht das Durchschleusen der Schiffe und
Flöße vor sich.
Durch den Kanal wurde der Netzebezirk Durchgangsland für den Handel
von Westen nach Osten. Auch für die eigenen Erzeugnisse, namentlich Getreide,
bot sich nun die Möglichkeit des Absatzes. Durch beides wurde der Wohl¬
stand des Landstriches gehoben uub die rasche Entwicklung einzelner Städte,
vor allem Brombergs, gefördert. Der Kanal ist trotz der zahlreichen Bahn¬
strecken dieses Landstrichs eine wichtige Verkehrsstraße für den Holz- und
Getreidehandel. Er bildet außerdem die Unterlage für 27 größere Gewerbe¬
unternehmen, die etwa 2500 Arbeiter mit über 1 Mill. Mk. Arbeitslöhnen
im jährlichen Durchschnitt beschäftigen. Der weitaus größte Teil dieser
Arbeiter sind Kolonisten ans dem Brahe- und Netzegebiet. •— Den Güter¬
verkehr auf dem Kanal veranschaulichen folgende Angaben: Im Jahre 1900
durchfuhren den Kanal 1914 beladene Fahrzeuge mit einer Ladung von
197 269 t Gütern (107612 t westwärts und 89657 t ostwärts), dazu 1245