27
Rudolf: „Behüte Gott, daß ich das Pferd je wieder zu Jagd und Streit besteige,
das meinen Schöpfer getragen; möge es fortan dem göttlichen Dienste gewidmet sein!"
4. Kampf mit Ottokar. Der mächtige Böhmenkönig, Ottokar, dem auch noch
Mähren, Östreich, Kärnten und Steiermark gehörten, hatte sicher auf die Wahl zürn
deutschen Kaiser gerechnet; aber er sah sich getäuscht. Daher erschien er nicht bei der
Krönung, verweigerte auch dem „armen Grafen" den Eid der Treue. Das bewog
den Kaiser, gegen ihn den Reichskrieg zu eröffnen. Aber nur wenige Fürsten folgten
ihm, auch fehlte es an Geld. Auf die Frage eines Ritters, wer der Schatzmeister fein
solle, entgegnete Rudolf: „Ich habe keinen Schatz, diese fünf Pfennig sind all mein
Geld; aber der Herr, der mir immer beigestandeu, wird mich auch jetzt nicht verlassen."
Ohne Widerstand drang er in Östreich ein. Auf dem Marchfelde kam es zur Schlacht;
beide Fürsten nahmen persönlich teil am Kampfe. Ottokar aber fiel durch die Hand
eines kaiserlichen Ritters. Von den Ländern Ottokars gab Rudolf Östreich, Steier¬
mark und Krain seinen eigenen Söhnen und tvurde dadurch der Gründer des habs¬
burgischen Herrscherhauses in Östreich. Böhmen aber verblieb dem Sohne Ottokars.
5. Rudolf stellt Ordnung her. Des Kaisers größte Sorge war, Ruhe und
Ordnung im Laude herzustellen. Besonders streng verfuhr er gegen die Raubritter.
„Keinen halte ich für adelig," sagte er, „der von Raub und unehrlicher Hantierung
lebt." Als er nach Erfurt kam, wurde er wie ein Befreier des Landes begrüßt.
Schon nach wenigen Tagen hatte er in der Burg Ilmenau 29 Raubritter gefangen,
die alle vor den Thoren der Stadt hingerichtet wurden. Im Verein mit den Erfurter
Bürgern eroberte er dann noch in Zeit von drei Monaten 70 Raubburgen und machte
111 Gefangene, die alle hingerichtet wurden. — Oft saß er persönlich zu Gericht,
und Gehör gewährte er jedermann. Als seine Diener einst einen armen Mann ab¬
weisen wollten, sagte er: „Bin ich denn Kaiser geworden, daß ihr mich vor den
Menschen einschließet!" Und als ihm einmal gesagt wurde, er sei oft allzugütig, ent¬
gegnete er: „Es hat mich schon oft gereut, daß ich zu streng war; nie aber wird es
ruich gereuen, daß ich zu gut gewesen bin." So verbreitete er Furcht und Schrecken
unter die Übelthäter, Freude und Frieden aber unter das lange gedrückte Volk.
6. Rudolf und die Bäckersfrau. Der Kaiser war sehr einfach in feiner
Kleidung. Gewöhnlich trug er ein graues Wams, das er sich im Kriege zuweilen
selbst flickte. Als er einmal sein Hoflager vor Mainz hatte, ging er, wie man erzählt,
in seiner einfachen Kleidung in die Stadt. Die Kälte trieb ihn in das Haus eines
Bäckers. Die Frau des Bäckers hielt ihn für einen gewöhnlichen Soldaten und wies
ihn mit den Worten: „Troll dich zu deinem Bettelkaiser, der mit seinen Pferden und
Knechten das ganze Land aufzehrt!" zur Thür hinaus. Rudolf aber lachte und blieb
ruhig am Ofen stehen. Das -verdroß aber die Frau dermaßen, daß sie einen Tops
mit Wasser nahm und es ihm über den Kopf goß. Ohne ein Wort zu sagen, ging
der Kaiser davon. An: Mittag schickte er ihr durch einen Diener einen Korb mit
Speisen von seiner Tafel und ließ ihr sagen, das sei der Dank für die Wassertaufe.
Als die Frau erfuhr, daß sie am Morgen den Kaiser in ihrer Stube mit Wasser be¬
gossen hatte, lief sie in voller Verzweiflung zu ihm und bat ihn fußfällig um Ver¬
zeihung. Er aber hob sie freundlich aus und legte ihr keine andere Strafe auf, als
daß sie die Geschichte allen Anwesenden erzählen mußte.
J8. Maximilian I. 1493—1519.
1. Der letzte Ritter. Maximilian war ein tapferer, ja, oft tollkühner Held.
In Ulm bestieg er den höchsten Kranz des 165 w hohen Münsterturms und stellte