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lichen Waffen behielten die Oberhand. Im Jahre 1492 wurde auch
Granada eingenommen, und Abu Abdallah, der letzte maurische
Herrscher, vergoß heiße Thränen, als er auf der Flucht zum letzten
Male seinen Blick auf Granada wendete und das Panier der Christen
auf der Alhambra, seinem alten Königspalaste, wehen sah.
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Siebenhundert achtzig Jahre hatte die Herrschaft der Araber in
Spanien gewährt, und gegen dreitausend siebenhundert Gefechte waren
geliefert worden, bevor das letzte maurische Königreich den Waffen der
christlichen Spanier erlag. Die fortwährenden Kämpfe zwischen Christen
und Mohammedanern hatten hier auf die Ausbildung der Volkssitten
und des Volkscharakters den größten Einfluß. Sie erzeugten und erhiel-
ten einen ritterlichen Sinn im Adel; sie machten das Volk streitbar und
wehrhaft und weckten in ihm das Gefühl der Kraft und Freiheit. Sie
lieferten auch einen herrlichen Stoff zu Kriegs- und Heldenliedern und
begeisterten zu jenen so vielfach gepriesenen Volksaesängen, die im
Mittelalter den spanischen Religionskämpfen denselben poetischen
Anstrich gaben, wie den Kreuzzügen. Gewiß ist es, daß das Land nie
wieder diejenige Blüte erlangt hat, zu welcher es unter der Fremdherr-
schaft emporgestiegen war.
Um in dem eroberten Reiche das verfallene Christentum wieder
aufzurichten, gab Ferdinand der Katholische den Befehl, daß die Juden
und Mauren entweder das Christentum annehmen oder das Land ver-
lassen sollten. Die meisten wählten das letztere, und Spanien verlor
durch diese strenge Maßregel plötzlich viele Tausende betriebsamer Bürger
und Landleute. Aber ein weit gefährlicherer Feind für die königliche
Macht blieb zurück, der Adel, welcher sich unter der Herrschaft der
Mauren in den Besitz großer Vorrechte und Freiheiten gesetzt hatte.
Ferdinand und seine Gemahlin suchten deshalb auf alle Weise die über-
mutigen Großen des Reiches niederzuhalten und das königliche Ansehen
dauerhaft zu befestigen. $rt diesem Plane unterstützte sie vorzüglich
der Kardinal Ximenes, einer der einsichtsvollsten Staatsmänner
damaliger Zeit. Das wirksamste Mittel zur Erweiterung der königlichen
Macht wurde das ^Muisitions-Gericht. (Untersuchungsgericht).
Dem Namen nach war dieses Gericht, welches man auch wohl das Glau¬
bensgericht nennt, gegen die besiegten Juden und Mauren eingeführt,
deren viele äußerlich den christlichen Glauben annahmen, heimlich aber
der Religion ihrer Väter treu blieben und vielfach gefährliche Plane