Jig. 139.
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Erscheinungen des Mondlaufs.
und dadurch erstere verdeckt. Dies kann natürlich nur zur Zeit
des Neumondes stattfinden, wenn der Mond gleichzeitig ganz
nahe bei der Ekliptik steht. Bezeichnet, Fig. 139, S die Sonne,
L den Mond, T die Erde, so wird derjenige Theil der Erd¬
oberfläche, welcher von dem Kern- und Halbschatten des Mondes
getroffen wird, eine Sonnenfinsterniß sehen. Dieselbe ist total
für alle Orte, welche vom Kernschatten des Mondes berührt
werden; partial, Fig. 140, für diejenigen, auf welche der
Halbschatten trifft. Die Scheiben von Sonne und Mond
erscheinen uns nahezu gleich groß. Da aber beide Gestirne sich
Fig. 141. periodisch in etwas veränderlichen
Entfernungen von der Erde befinden,
so erscheint die Mondscheibe bald
etwas größer und bald etwas kleiner
als die Sonnenscheibe. Wenn der
Mondmittelpnnkt sich über den
Sonnenmittelpunkt hinwegschiebt und
gleichzeitig die Mondscheibe kleiner
als die Sonuenscheibe erscheint, so
bleibt im Momente der Mitte der
Finsterniß von der Sonnenscheibe
noch ein schmaler Ring sichtbar (Fig. 141). Es findet alsdann
eine ringförmige Sonnenfinsterniß statt.
Die Größe der Verfinsterung wird dadurch bezeichnet, daß
man sich den Durchmesser des verfinsterten Gestirns in 12 gleiche
Theile, Zolle genannt, getheilt denkt und angibt, wie viele dieser
Zolle verfinstert werden. Die Dauer der Totalität kann bei
einer Mondsinsterniß auf etwa 2 Stunden steigen, bei einer
Sonnenfinsterniß umfaßt sie nur einige Minuten.
Die Finsternisse treten nach Verlauf von 18 Jahren und 10 bis
11 Tagen nahezu in der nämlichen Reihenfolge wieder ein, und die Alten
benutzten diese Periode, welche die Babylonier Saros nannten, um
das Eintreten der Finsternisse vorher zu berechnen.
Die Ursache jener achtzehnjährigen Periode ist folgende:
Die durchschnittliche Zwischenzeit von einem Neumonde zum an¬
deren, der synodische Monat, beträgt 29 Tage 12% Stunden, so daß ein
Sonnenjahr 12 synodische Monate -s- 11 Tage umfaßt. Es würde
also, wenn sich die Lage der Mondbahn nicht änderte, eine Sonnen¬
finsterniß in dem nächsten Jahre um 11 Tage früher wiederkehren.
Nun drehen sich aber die Knoten der Mondbahn der Sonne entgegen,
so daß diese kein volles Jahr gebraucht, um wieder beim nämlichen Knoten
der Mondbahn anzugelangcn, sondern bloß 346% Tage. Soll also nach
Ablauf eines Vielfachen des synodischen Monats eine Finsterniß wieder¬
kehren, so muß dieses Vielfache auch gleichzeitig ein Vielfaches von
346% Tagen sein. Nun sind 223 synodische Monate — 6585% Tage
und 19 mal 346% Tage — 6585% Tage. Da ferner 6585% Tage
genau 18 Jahre 11 Tage sind, so wiederholen sich also im Allgemeinen
die Finsternisse nach Ablauf dieser Zeit in derselben Reihenfolge.