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schiff von ihm und liesz es schweben und schwanken auf dem see,
lief durch Schwitz schattenhalb,J) bis dasz er kam gen Küsznach
in die hohle gassen; da war er vor dem herrn hingekommen und
wartete sein daselbst. und als der landvogt mit seinen dienern
geritten kam, stand Teil hinter einem staudenbusch und hörte
allerlei anschlage, die über ihn giengen, spannte die armbrust
auf und schosz einen pfeil in den herrn, dasz er todt umfiel,
da lief Teil hinter sich über die gebirge gen Uri, fand seine
gesellen und sagte ihnen, wie es ergangen war.
192.
Hin) und Kunz.
Von Lessing.
Schriften, hcrausg. von Lachmann. Berlin 1833- I, 7.
Hinz. Was doch die Großen alles essen!
Gar Vogelnester, eins zehn Thaler werth.
Knnz. Was? Nester? Hab' ich doch gehört,
Daß manche Land und Leute fressen.
H i nz. Kann sein! kann sein, Gevattersmanu!
Bei Nestern fiengen die denn an.
193.
Gewalt.
Nach Äsop von Luther.
Werke. Wittenberg 1558. IX, 456 b.
Es gefetteten sich Rind, Ziege und Schaf zum Löwen und
zogen mit einander auf die Jagd in einen Forst. Da sie nun
einen Hirsch gefangen und in vier Theile gleich getheilet hatten,
sprach der Löwe: 'Ihr wisset, daß ein Theil mein ist als eures Ge¬
sellen; das andere gebührt mir als einem Könige unter den Thieren;
das dritte will ich haben darum, daß ich stärker bin und mehr
darnach gelaufen und gearbeitet habe,- denn ihr alle drei; wer aber
das vierte haben will, der muß mir's mit Gewalt nehmen.' Also
mußten die drei für ihre Mühe das Nachsehen und den Schaden
zu Lohn haben.
Lehre. Fahre nicht hoch; halt dich zu deines Gleichen. Es
ist mit großen Herren nicht gut Kirschen essen; sie werfen einen
mit den Stielen.
*) an der Schattenseite, im dunkeln gebirg.