Full text: Grundriß der Geographie für höhere Lehranstalten

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Folgen der Erdrotation. 
kommt aber zugleich auf der nördlichen Halbkugel aus N., auf der südlichen 
aus S.; er wird also auf jener als Nordost-, auf dieser als Südostwind 
auftreten. Diese beiden Winde, die unter dem Namen der Passate auf 
beiden Seiten des Äquators regelmäßig wehen, bestätigen demnach die Ro¬ 
tation der Erde von W. nach O., durch welche allein sie ihre Erklärung 
finden. 
3. Den dritten Beweis für die Rotation der Erde von W. nach O. 
hat der Pendelverfuch Leon Foucaults geliefert. Ein Pendel, dessen Faden 
ein Eisendraht, dessen schwingender Körper eine schwere, unten mit einer 
Drahtspitze versehene Metallkugel von gleichmäßiger Dichtigkeit war, wurde 
anfangs in der Länge von 2, später von 3 Metern auf eigenthümliche 
Weife an der Decke befestigt. Nachdem nun das Pendel um einen Winkel 
von 15—20° aus der vertikalen Lage gebracht worden, wurde es auf 
äußerst vorsichtige Weife in Bewegung gefetzt, verharrte aber nicht in der¬ 
selben Richtung zu denselben Punkten der Wand, sondern seine Schwingungs¬ 
ebene drehte sich von O. nach W., so daß nach | Stunde die westliche Ab¬ 
lenkung bereits etwas mehr als 5 0 betrug. 
§. 21. 
Folgen der Erdrotation. 
1. Mit vollkommen gleichmäßiger Bewegung rotirt die Erde in 24 
Stunden um ihre Achse; es durchläuft dabei jeder Punkt ihrer Oberfläche 
in 24 Stunden 360 °, also in 1 Stunde 15 °, in je 4 Min. 1°. Da 
aber die Grade für die verschiedenen Parallelkreife verschiedene Länge haben, 
so muß auch die Rotationsgeschwindigkeit für die verschiedenen Punkte ver¬ 
schieden sein und zwar von den Polen zum Äquator zunehmen. 
2. Aus dieser Rotation der Erde erklärt sich die scheinbare Bewegung 
der Fixsterne und die scheinbare tägliche Bewegung der Sonne von O. nach 
W.; sie erklärt aber auch den täglichen Wechsel zwischen Tag und Nacht, 
die Entstehung der Tageszeiten und den Unterschied in wahrer Sonnenzeit, 
der für alle Örter stattfindet, die nicht auf demselben Meridiane liegen; 
denn für alle weiter östlich gelegenen Örter muß die Sonne bei einer Ent¬ 
fernung von 10 immer um je 4 Min. früher aufgehen und kulminiren. 
Reist man also 360 0 westlich, so beläuft sich dieser Zeitunterschied auf 
360 . 4 — 1440 Min. — 24 Std. So kam es, daß man auf dem 
Schiffe Magelhans, welches am 7. Sept. 1523 nach einer westlich um die 
Erde gemachten Reise nach San Lucar zurückkehrte, erst den 6. September 
schrieb. Da aber alle unsere Beschäftigungen sich nach der Sonnenzeit 
regeln, die Sonnentage aber wegen der ungleichmäßigen Bewegung „der Sonne 
in der Ekliptik ungleich lang sind, so hat man eine stets im Äquator sich 
bewegende Sonne angenommen und die nach ihr bestimmte Zeit mittlere 
Sonnenzeit genannt. 
3. In der Rotation der Erde liegt auch die Ursache für die Ent¬ 
stehung der Kreise, die wir uns am Himmel gezogen denken und von ihm 
auf die Erde übertragen. Dem von unserem Standpunkte auf der Erde 
bei der Rotation derselben durchlaufenen Parallelkreise entspricht, da Him¬ 
mels- und Erdkugel als concentrisch anzusehen sind, der von unserm Zenith 
scheinbar durchlaufene Parallelkreis des Himmels, während die Erdachse ein
	        
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