Full text: Grundriß der Geographie für höhere Lehranstalten

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Senkrechte, schiefe und parallele Sphäre. 
rizonte in demselben Augenblicke auf- und untergeht. Diese Erscheinung 
wird vollkommen klar, wenn inan sie mit ähnlichen Erscheinungen auf der 
Erde vergleicht. Die beiden parallel laufenden Reihen von Bäumen einer 
Allee oder die Schienen einer Eisenbahn scheinen auch in einem von dem 
Beobachter entfernt liegenden Punkte zusammenzukommen. Anders jedoch ver¬ 
hält es sich mit den der Erde näherstehenden Sternen, mit der Sonne, 
dem Monde, den Planeten und Kometen, deren Auf- und Untergang für 
beide Horizonte mit einem wahrnehmbaren Zeitunterschiede, der Parallaxe 
des Sternes, erfolgt. 
3. Aus dem bisher Gesagten ergiebt sich: 1) daß die 3 Horizonte 
zwar mit einander parallel laufen, daß aber der natürliche Horizont tiefer 
liegt als die beiden anderen und zwar um den Winkel, den die vom Auge 
des Beobachters ausgehende Gesichtslinie mit der Ebene des natürlichen 
Horizontes bildet; diesen Winkel nennt man die Kimmtiefe oder Depression 
des natürlichen Horizontes; und 2) daß, da jeder Ort der Erde seinen 
eigenen astronomischen und wahren Horizont hat, die für jeden Ort eine 
besondere Lage haben, und da ihre Ebenen stets „senkrecht auf dem Erd¬ 
radius stehen, der von den Horizonten zweier Örter gebildete Winkel 
immer dem von den Erdradien dieser Örter gebildeten Centriwinkel 
gleich sein muß. Demnach ist der Winkel, den der Horizont irgend eines 
Ortes mit dem Horizonte am Äquator macht, stets gleich der geographi¬ 
schen Breite dieses Ortes. 
§• 24. 
Senkrechte, schiefe und parallele Sphäre. 
1. Da nun für alle Örter, welche auf dem Erdäquator liegen, der 
astronomische Horizont parallel mit der Erd- und Himmelsachse ist, der wahre 
aber mit ihr ganz zusammenfällt, der Nordpol also in dem Nordpunkte 
des Horizontes, der Südpol in dem Südpunkte desselben liegt und die Pol¬ 
höhe — 0 0 ist : so muß der Himmelsäquator durch Zenith und Nadir 
gehen, also die Äquatorhöhe = 90° sein; er muß also auf dem Horizonte 
senkrecht stehen und mit ihm alle Parallelkreise. Der Himmel hat eine 
senkrechte Lage zum Horizonte, und diese Lage nennt man die sphaera recta 
oder die senkrechte Sphäre. Aus ihr erklärt es sich, daß für den Äquator 
die Sonne, der Mond und die Sterne senkrecht auf- und untergehen, daß 
sie 12 Std. über und 12 Std. unter dem Horizonte verweilen, der Tag 
und die Nacht also am Äquator immer von gleicher Länge, und daß die 
Bewohner des Äquators am 21. März und am 23. Sept. unschattig sind, 
weil dann die Sonne am Mittage für sie im Zenith steht. Unschattig 
werden zweimal im Jahre auch die Bewohner der Erde zwischen den beiden 
Wendekreisen; doch nennt man sie wohl auch zweischattig, weil zu Mittag 
der Schatten einmal nach„ N. und das andere Mal nach S. fällt. 
2. Für diejenigen Örter alle, welche nördlich vom Äquator liegen, 
kann der wahre Horizont nicht mehr mit der Himmelsachse zusammenfallen; 
er bildet vielmehr, um eine bestimmte Entfernung zu gebrauchen, für die 
Örter, welche 23j-0 vom Äquator abstehen, also auf dem nördlichen Wende¬ 
kreise liegen, mit der Himmelsachse einen Winkel von 23^ °, indem der 
Nordpunkt des Horizontes genau um so viel Grade unter den Nordpol 
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