19
Ohren und nur einen Mund habe. „Damit er viel hören, aber wenig reden soll",
lautete die Antwort.
5. Welcher Reichtum ist Ser beste! Als Bias, einer der 7 Weisen,
samt seinen Mitbürgern von Feinden aus seiner Vaterstadt vertrieben wurde,
fragte man ihn, warum er denn nichts von seinen Gütern in Sicherheit zu brin¬
gen suchte. Er antwortete: „Die besten Güter habe ich bei mir."
Ü. Sterblichkeit. Als Anaxägoras der Tod seines geliebten Sohnes
angezeigt wurde, sprach er ruhig und gefaßt: „Ich wußte, daß er sterblich geboren
war." (Was sagte Hiob in ähnlicher Lage?)
7. „Zürnet und sündiget nicht" (Eph. 4, 26). Ein wohlhabender, und
reicher Grieche kehrte von einer langen Reise zurück und sah zu seinem Arger
seine Landgüter arg vernachlässigt. Sich an den Sklaven, dem er die Oberleitung
anvertraut hatte, wendend, sprach er: „Ich würde dich empfindlich strafen, wenn
— ich nicht zornig wäre."
8. „Des Menschen Zorn thut nicht, was bor Gott recht ist" (Jac. 1, 20).
Eines Tages entbrannte der sonst so ruhige und gelassene Weise Plato in Zorn
gegen einen seiner Diener, der sich allerdings schwer vergangen hatte. Um in
seinem Zorne das gehörige Maß der Bestrafung nicht zu überschreiten, bat er
einen anwesenden Freund, für ihn das Maß derselben zu bestimmen und es zu
vollziehen.
9. Reden ist Silber, Schweigen Gold. Xenökrates, der Weise, hörte
einst die unnützen Reden eines Spötters mit an. Befragt, weshalb er nichts dazn
sage, antwortete er: „Ich würde es vielleicht bereuen müssen, wenn ich etwas
dawider sagte; daß ich aber schweige, werde ich niemals zu bereuen haben."
10. Bescheidenheit. Ein Spartaner bewarb sich um ein wichtiges Amt.
Als ihm aber ein anderer vorgezogen wurde, bemerkte er gefaßt: „Es gereicht mir
zur großen Freude, daß meine Vaterstadt bessere Bürger hat als mich."
11. Wie man mit Königen reden mus;. Der Fabeldichter Äsöp sagte
einmal zu Solon: „Mit Königen muß man entweder gar nicht reden, oder so,
wie es ihnen angenehm zu hören ist." „Nein", erwiderte Solon, „entweder
gar nicht, oder wie es ihnen nützlich ist."
12. Aristides und Themistokles. Beide standen sich bekanntlich lange feind¬
lich gegenüber. Als sie einst beide zu einer gemeinschaftlichen Gesandtschaft berufen
wurden, wandte sich der „gerechte" Aristides an seinen Gegner mit den Worten:
„Wir wollen unsere Feindschaft an der Grenze des Vaterlandes zurücklassen; bei
der Rückkehr können wir ja, wenn es uns beliebt, sie wieder aufnehmen." (Was
steht Matth. 5, 20-26?) —
Aristides verlor die Gunst des Volkes, das ihn auf 10Jahre verbannte. Beider
Abstimmung geschah es, daß ein des Schreibens unkundiger Bürger sich mit der
Bitte an ihn selbst wandte, den Namen Aristides auf ein zur Abstimmung dienendes
Täflein zu schreiben. Dieser fragte ihn: „Hat er dir etwas zuleide gethan?"
„Das nicht", erwiderte jener, „aber es verdrießt mich, daß man ihn überall den
Gerechten nennt." Aristides sagte kein Wort weiter, schrieb seinen Rainen und
ging in die Verbannung.
13. Gedcmütigter Stolz. Sokrates bemerkte einst, daß sein allerdings
talentvoller Schüler Alcibiädes sich etwas auf seinen Reichtum und besonders
auf die Menge und Größe seiner Landgüter einbildete. Er führte ihn an die
Landkarte und ließ ihn Griechenland und dann Athen auf derselben aufsuchen. Als
aber Sokrates weiter fragte, wo denn seine Landgüter auf der Karte lägen, mußte
er zu seiner Beschämung gestehen, daß sie dort als zu unbedeutend nicht verzeichnet
seien. „Und du brüstest dich mit Gütern, die gar keinen Teil von der Erde bilden?"
sagte zurechtweisend der Lehrer.
2*