Full text: (8. bis 10. Schuljahr) (Ausg. M (für höhere Mädchenschulen), Oberstufe)

344 Allgemeine Erdkunde. 
selbständiger politischer Gebilde auf der Erde. 1890 gab es 
in Afrika noch 21 einheimische Staaten, heute ist ihre Zahl auf 2 (welche?) 
neehhrni In den übrigen Erdteilen zeigt sich die gleiche Ent— 
wicklung. 
ten wird auch nichts geändert durch die gelegentliche Neubildung 
von Staaten; denn deren äußere Selbständigkeit ist meistens bloß Schein und 
soll die Ablösung von einem altersschwachen und das Anwachsen an ein 
jugendkräftiges Staatswesen verschleiern Wanama und Kuba ini Verhältnis 
zur Union). 
Das räumliche Staatenwachstum ist kein willkürliches, sondern lehnt sich 
an natürliche Gliederungen auf der Erdoberfläche an. Dabei zeigt sich eine 
Entwicklung in der Art der Anlehnung an die vorhandenen Sonderungen. 
Von der Ausfüllung kleinerer (Wald- und Moorstreifen bei Naturvölkern) 
schreitet das Staatenwachstum fort zu der Umfassung von immer größeren 
Naturgebieten (Flüsse, Gebirge, Wüsten, Erdteilsgrenzen). Von der Art und 
Weise, wie ein Staat auf einer bestimmten Entwicklungsstufe das durch seine 
politische Idee umfaßte naturgemäße Staatsgebiet erfüllt oder noch nicht er— 
füllt, hängt die Lebhaftigkeit und die Energie in den Wachstumsbestrebungen 
ab. Jugendliche Staaten- und Kolonialgebiete zeigen daher häufigere und 
umfänglichere Gebietsveränderungen als alte Kulturstaaten. 
Die Lebenserscheinungen der Staaten in unmittelbarer Nachbarschaft, 
mit ähnlichen wirtschaftlichen und politischen Interessen äußern sich auch in 
An- und Abgleichungsbestrebungen mit dem Ziele der Herstellung 
eines gewissen Gleichgewichts. Kein Staat kann ein Wachstum seiner Macht— 
mittel versuchen, ohne daß die Summe aller konkurriexenden Staaten ebenfalls 
eine entsprechende Stärkung ihrer Machtmittel anstrebt. Entsprechend der 
Wichtigkeit des Bodens auf der Erde für politische Macht treten daher solche 
Angleichungsbestrebungen meist in räumlicher Form zutage. Auf den An— 
gleichungsbestrebungen benachbarter Staaten beruht die Idee vom po— 
litischen Gleichgewicht. Sie treibt die schwächeren unter den rivali— 
sierenden Mächten zu krampfhaftem Ausgreifen und zeitigt von seiten der 
überlegneren eine Politik der Durchkreuzungen und Schwächungen. Gib für 
solche Angleichungsbestrebungen der Mächte Beispiele aus der Geschichte an! 
3. Die politischen Grenzen. Unter den Organen des Staates haben 
die Grenzen eine besondere Wichtigkeit. Wie alle Grenzen stellen sie sich 
dar als Trennungserscheinungen zwischen aufeinandertreffenden Gegensätzen. 
Sie sind stets mehr oder weniger breite Raumgebilde, auch wenn sie in alten 
Kulturländern und auf Karten äußerlich den Eindruck von Linien machen. 
Bei Naturvölkern tritt aber der Raumcharakter der Grenze ganz deutlich 
zutage. Immer schieben sich hier Grenzwildnisse wie Sumpfstrecken, Wüsten⸗ 
gebiete, Urwälder zwischen die einzelnen Staaten. Solche Grenzwildnisse gab 
es bei den alten Germanen und Slaven, sie finden sich in Afrika, sie fehlen 
auch nicht auf den kleinen Inseln Polynesiens. 
Auch in alten Kulturländern verleugnet die Grenze ihren räumlichen 
Charakter nicht durch die hier meist vorhandene eigentümliche Nationalitäten-, 
Sprachen- und Kulturmischung. Deutschland grenzt im SM. mit Franzosen 
an Fraͤnkreich, im N. mit Dänen an Dänemark, im O. mit Polen an Rußland, 
im NW. mit dichter und industrieller Bevölkerung an Belgien, im O. mit dünner 
Ackerbaubevölkerung an Rußland. Im Kriege werden Truppenmassen nicht 
längs einer Grenzlinie aufgestellt. Um dem Ganzen zu dienen, können sogar 
kleine Grenzstreifen, die zum eigenen Staatsgebiete gehören, aufgegeben werden.
	        
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